25 Jahre Witze für Deutschland

Caricatura-Museum zeigt Jubiläums-Werkschau der FAZ-Karikaturen von Greser & Lenz

Als die Titanic-Zeichner Achim Greser und Heribert Lenz im Jahr 1996 das mehr als überraschende Angebot des FAZ-Herausgebers Georg Reißmüller annahmen, tagesaktuelle Karikaturen für das rechte Feindesblatt des Fortschritts zu fertigen, da liefen die Wetten in ihrem Stammhaus heiß, ob diese Mesalliance denn länger als 14 Tage Bestand haben könnte. Wir wissen nicht, ob jemand überhaupt gewagt hat, dagegenzuhalten. Fakt ist: Die politischen Karikaturen von Greser & Lenz feiern ihr 25-jähriges Dienstjubiläum bei der FAZ und sind dort längst zu einer Marke geworden – seit 2007 sogar immer mal wieder auf der Seite 1.
Doch von wegen »der Widerspenstigen Zähmung«. Dass es dem in Aschaffenburg residierendem Duo auch in der Höhle des konservativen Löwen nie an Biss, Witz und provokativer Bosheit gemangelt hat, lässt sich nicht zuletzt aktuell in den Räumen des Caricatura-Museums überprüfen. Ihre bereits zweite Ausstellung im renommiertesten Haus der komischen Kunst trägt den Titel »Schlimm« – ganz wie ihr zeitgleich mit der Subzeile »25 Jahre Witze für Deutschland« aufwartender 700-Seiten-Wälzer mit nicht weniger als 1.780 Arbeiten. Auf dessen Titel: ein mit »Deutschem Gruß« und der Forderung »Neandertal den Neandertalern, Homo Sapiens raus«. skandierender Urmensch.
Wie das Buch, so hat nolens volens auch die exakt 484 Zeichnungen bietende Werkschau chronologisch-dokumentarischen Charakter, hält doch der Blick auf das komische Schaffen der beiden studierten Grafiker zugleich das Zeitgeschehen der vergangenen 25 Jahre fest. Zu diesem gehört allerdings auch, dass ihrer Profession im neuen Millennium in vielen Bereichen das Leichte, das Süffisante, das Lausbubenhafte ausgetrieben worden ist. Und das meint nicht nur die Folgen des mörderischen Anschlags auf ihre Kollegen von »Charlie Hebdo«, als etwa eine Hanauer Ausstellung des Duos unter Polizeischutz stattfand. Auch die sich ausweitenden »Begriffsverbote« der jüngeren Vergangenheit wirken nach Ansicht von Achim Greser als aufgesetzte zeichnerische Spaßbremse. Insofern lässt uns diese Werkschau auch großartige Beispiele »unschuldiger Heiterkeit« aus den Zeiten als »Neger« nur ein Unwort und noch kein N-Wort und manches mehr, was mal lustig war, genießen – ohne jede Spur von diesbezüglich gerne unterstellter Menschenverachtung.
Der Gang durch die Ausstellung vermittelt zugleich 25 Jahre politischer Geschichte aus deutscher Warte, beginnend mit den Reaktionen auf den Rinderwahn und endend mit Karikaturen zur immer noch wütenden Impfdebatte. Zu sehen sind im Caricatura-Museum aber auch 41 Zeichnungen von Tieren, die Greser & Lenz regelmäßig für die FAZ-Rubrik »Staat und Recht« fertigen, sowie Beispiele aus der ihrem Lieblingsbrauer Schlappeseppel aus Großostheim gewidmeten Serie von Bierdeckel-Bildern. Ein weiterer Aspekt der Frankfurter Schau gilt der Produktionsweise der beiden Unterfranken, die nach wie vor ohne Computerprogramme ganz »oldschool« mit Tusche, Feder und Aquarellfarben arbeiten.
Viele der Exponate sind dank Unterstützung der Stadt mittlerweile im Besitz des nach Ansicht seines Leiters Achim Frenz schönsten Museums der Welt.

Lorenz Gatt

Bis 21. November: Di.–So., 11–18 Uhr
www.caricatura-museum.de

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