»Bodyguard« als Schauspiel mit Musik in der Alten Oper

Als 2012 am Londoner Westend die Bühnenfassung des Hollywoodfilms »Bodyguard« aus dem Jahre 1992 uraufgeführt wurde, bewarb man sie als »Schauspiel mit Musik«, um die Musical-Gemeinde nicht von vornherein zu düpieren. Denn ein Musical, in dem die Titelfigur keinen einzigen Song – sie darf nur einmal in einer Karaoke-Bar »I will always love you« von sich geben – hat, geschweige denn ein Duett mit seinem Co-Star, hätte die Genre-Fans wohl vor den Kopf gestoßen. Bei der deutschsprachigen Erstaufführung 2015 im Kölner Musical Dome war man dann weniger zimperlich: »Bodyguard« wurde als Musical vermarktet und war als Longrun-Produktion in der Domstadt und später in Stuttgart und Wien erfolgreich. Nun kehrt es –bühnentechnisch ein wenig abgespeckt – als Tournee-Produktion zurück und gastiert seit dem 18.12. in der Alten Oper Frankfurt.
Patricia Meeden, die mit der Rolle der Sängerin Rachel Marron, zum Musical-Star wurde, hat in Aisata Blackman eine würdige Nachfolgerin gefunden. Unter der präzisen Regie von Thea Sharrock gelingt es ihr glaubwürdig, uns sowohl die Ängste, die die Morddrohungen eines Stalkers in ihr auslösen, wie auch die ambivalenten Gefühle gegenüber ihrem Bodyguard Frank Farmer, nachempfinden zu lassen. Und gesanglich braucht sie sich selbst vor der großen Whitney Houston nicht zu verstecken, deren Balladen und fetzige Pop-Songs sie mit einer Leichtigkeit und einem Verve interpretiert, die uns über die dünne und voraussehbare Handlung hinwegtrösten. Die würzen auch die Choreografien von Karen Bruce, die gleich mit dem Opener »Queen of the Night« das Tempo vorgibt und ihre akrobatische Tanztruppe brillieren lässt. Brillant auch die Peruanerin Andrea del Solar als Rachels Schwester Nicki. Ihr Duett »Run to you« ist nicht nur einer der (musikalischen) Höhepunkte des Abends, sondern wirft auch die Frage auf, wer der eigentliche Star der Show ist. Auf jeden Fall überstrahlen beide ihre männlichen Spielpartner um Längen. Jo Weil als »Titelheld« fehlt zu seinem guten Aussehen noch ein wenig das nötige Bühnen-Charisma, um vollends zu überzeugen. So war man am Ende zwar nicht in einem »richtigen« Musical, hat aber das mit über 45 Millionen verkaufter Tonträger erfolgreichste Filmmusikalbum einmal live gehört – von den Sängern und der achtköpfigen Band unter der Leitung von Dan Tomkinson mit Bravour gemeistert.

Rolf-Ruediger Hamacher (Foto: © Jan Potente)
Bis 11. Januar täglich außer 24,12.2019 und 1. & 7.1.2020
www.alteoper.de

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