Caricatura Museum widmet Rudi Hurzlmeiers Titanic-Schaffen eine Werkschau

Könnte es analog zur Funktion des Claqueurs auch eine des Rireurs geben? Jemanden, der zum Lachen bestellt ist? Im Vorfeld des Pressetermins zur Ausstellung »Hurzlmeier Malerei« im Caricatura Museum machte das gut vernehmbare Kichern eines jungen Mannes nicht wenig Eindruck. »Ja, das ist gut«, prustete der mit Blick auf den aufgeschlagenen Ausstellungkatalog. Und prompt – wie ebenfalls bestellt und davon nichts mitgekriegt habend tuend – traten Rudi Hurzlmeier, der Maler und Cartoonist, Achim Frenz, der Hausherr, und Lea Willimann, die Kuratorin in den Raum. Was für ein Timing!
Dabei ist heiter immer, wenn Frenz seine Gäste im schönsten Museum der Welt begrüßt, zumal wenn sie über jeden Lachzweifel so erhaben sind, wie der Münchner Künstler, der seine ersten öffentlich beachteten Arbeiten für das legendäre Münchner Stadtblatt »Das Blatt« machte, das, dies am Rande, noch vor dem Strandgut und Pflasterstrand erschien – aber auch Pleite ging.
Wie dem auch war: Im Caricatura wird mit 100 Exponaten ausschließlich das Schaffen Hurzlmeiers für die Titanic beleuchtet, was indes ein breites Spektrum seines Werkes und immerhin 36 Jahre seines Wirkens umfasst. Im Zentrum steht dabei die komische Malerei, ein Genre, das Hurzlmeier mehr oder minder mitgegründet hat und damit dem Cartoonismus im Ganzen größte Ehre erwies. Dank und seit dem Einsatz von Leinwand, Pinsel und Farbe gilt das Komische insgesamt auch als Kunst.
Wie groß Hurzlmeier dabei zu denken pflegt, machen die ehrfurchtheischenden Namen seiner Werkgruppen deutlich, die »Große Pferdebilder«, »Moderne Hochgebirgsmalerei« oder »Seestücke« heißen, aber auch »Schwarzmalerei«. Tatsächlich bildete sich der Münchner für diese in der Kunst der großen Meister aus. Er habe die van Goghs, Monets, Rembrandts & Co. weniger kopiert, als intensiv studiert, um dann genauso zu malen. Der Blick aufs Detail aber macht sie zu echten Hurzlmeiers. Da gibt es nichts, auf dem nicht eine Fliege, ein Frosch oder auch eine Schnecke Platz finden könnten, letztere im Stillleben »Französische Woche« dekorativ auf der Wurst. Ohnehin ist viel Haut zu sehen, was der Künstler damit erklärt, dass er aus anatomischem Interesse heraus seine Figuren ohnehin zuerst nackt male, sie dann, wo nötig, erst ankleide. Als Hurzelmeier’sche Ikone darf man wohl die Spitzweg-Idylle »Verlobungsbild« aus dem Zyklus Aktmalerei bezeichnen, die den Schamhaarspitzbart als das dritte Gemeine eines Paares fokussiert. Auch mit seinen lakonischen Titeln trifft der Malermeister sicher ins Mark: »The Return of the Unicorn« aus den Pferdebildern liest sich vor dem impressionistischen Hintergrund einer von blauen Schmetterlingen umflorten Wiesenbegattung eines Nilpferdes durch einen prächtigen Schimmel jedenfalls zielführend. »Der Lenz ist da« aus der Gruppe Eskapismus zeigt malkastenbunt einen von allerlei Gefieder und Gefleuch beäugten gedeckten Tisch in der Natur, auf dem auf weißer Tischdecke eine Fingerkuppe mit rotem Fingernagel kredenzt wird.
Die Hängung im Parterre des Hauses ist eher nach Themen geordnet, auch ein Schrank mit Skulpturen Hurzlmeiers findet sich hier, sowie ein Video, das die Geschichte eines über Jahre immer wieder übermalten Bildes zeigt, auf dem durch kontinuierliche Eingriffe ein fliegendes Pferd über die Zeit zur Gänsemagd mutiert. »The goose girl at the well« nennt sich das. Im ersten Stock geht es viel kleinteiliger, aber noch viel, viel witziger voran. In diesem Bereich verfolgen wir Hurzlmeiers notorisch sturzblöde stichelnden Strich chronologisch. Ja, das ist gut – kein Witz!

Lorenz Gatt (Foto: Verlobungsbild, © Rudi Hurzlmeier)

Bis 18. April 2022: Di.–So., 11–18 Uhr
www.caricatura-museum.de

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