Das Freie Schauspiel Ensemble zeigt »Die Volksfeindin« nach Henrik Ibsen

Nun gut, es ist kein Mann, sondern eine Frau, kein Badearzt, sondern eine Badeärztin Stockmann, die sich da anschickt, den Kurort, in dem sie lebt und für den sie tätig ist, vor Schlimmem und Schlimmerem zu bewahren. Das kann man problemlos machen, wenn man eine Bettina Kaminski hat und sich nicht primär einen Gendererkenntnisgewinn verspricht. Selbiges scheint denn auch nicht die Absicht bei Reinhard Hinzpeters Inszenierung von Ibsens »Der Volksfeind« für das Freie Schauspiel Ensemble zu sein. Besetzung und Programm legen jedenfalls nahe, dass es ihm vor dem Hintergrund eines verheerenden Klimawandels um Wichtigeres geht. Um Ibsens These nämlich, dass »nicht die Elite, sondern die breite Mehrheit der Bevölkerung« (im Stück auch »die kompakte Mehrheit« genannt) »der größte Feind des Gemeinwesens« ist.
Stockmanns wissenschaftliche Erkenntnisse über die Verseuchung des Quellwassers dieses Kurorts werden nämlich ebenso in Zweifel gezogen wie ihre Motive, als sich herumspricht, dass die Beseitigung der Ursache extrem kostspielig für alle wäre. Sie wird zur Feindin des Volkes.
Punktgenauer, brennender und aktueller kann ein Thema in diesen Tagen, Monaten, Jahren eigentlich kaum sein. »Ist es nicht ein zentrales Problem unserer Demokratie, wenn sie ermöglicht, dass eine breite, durch Fehlinformationen und unhaltbare Versprechungen irregeführte Mehrheit immer wieder eine kenntnisreichere Minderheit niederstimmt und so die Zukunft der eigenen Kinder gefährdet?« fragt das Theater. Michaela Conrad , Bettina Kaminski, Ives Pancera, Jana Saxler, Adrian Scherschel und Hans-Peter Schupp versuchen sich an der Antwort. In Ibsens Stück selbst bleibt sie erstmal offen. Auch hier?

gt (Foto: © Felix Holland)

Termine: 23., 29., 30. Oktober, 20 Uhr; 24., 31. Oktober, 18 Uhr
www.freiesschauspiel.de

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