Lachtherapie mit Retro-Touch
Dass jemand im konkreten wie im übertragenen Sinn für einen anderen gehalten wird, ist so alt wie das Theater. Man denke nur an Ödipus, der sich sogar in sich selbst täuschte. Wenn in der »Komödie« nun ein herkömmlicher Versicherungsverkäufer mit einem Psychoanalytiker verwechselt wird, dann ist das wohl eher von Nikolai Gogols »Revisor« inspiriert. Mit jedem Versuch, den falschen Eindruck seiner Mitmenschen zu korrigieren, bohrt sich der mentale Widerhaken tiefer bei diesen ein – bis der Verwechselte es endlich akzeptiert.
»Der eingebildete Doktor« hat freilich noch einen prominenten Paten. Sein österreichischer Autor Hans Weigel hat Molière sogar übersetzt. Im Unterschied zu dem berühmten Kranken des Franzosen bildet sich hier aber nicht der Protagonist, sondern sein soziales Umfeld etwas ein, nämlich einen veritablen Seelendoktor zu erleben. Dabei kann man nerviger als der von Dirk Waanders gespielte Policen-Verkäufer Otto Holler eigentlich nicht sein. Es tut weh bis herunter ins Publikum, das ja auch noch nicht genau weiß, wer das ist, wie dieser Holler erst das Hausmädchen niedertextet und dann die Tochter auf Knien umgarnt, um zum Abschluss zu kommen. Man spürt indes schon hier, dass der von Udo Schümer inszenierte Ulk aus den Fünfzigern stammt und wird auch später, als die großen Topoi der Psychoanalyse auf die Schippe genommen werden, daran erinnert.
Die Geschichte nimmt ihren Lauf, als Vater und Mutter Müller-Hagenau in Otto Holler den Psychotherapeuten Eisler vermuten, der ihren in Depressionen versunken scheinenden Sohn kurieren soll. Der aalglatte Klinkenputzer aber eignet sich im Handumdrehen und fern jeder Kompetenz das notwendige Fachvokabular an und eilt, als einer nach dem anderen mit seinen Problemen zu ihm kommt, mit großem Einfühlungsvermögen von Erfolg zu Erfolg. Den eigenen Mann umbringen? »Will doch jede«, beruhigt er Frau Mama. Die Gattin erwürgen? »Prima Gedanke«, erwidert er dem Herrn des Hauses. Selbst die Depression des Juniors vermag der falsche Doktor im kriminalistischen Stil eines Monsieur Poirot aus dem Orient-Express zu beheben, bis er sich dann doch zu erkennen geben muss. Der gesamte Ablauf ist freilich ziemlich vorhersehbar, auch wenn die Pointen immer wieder sitzen.
Stark aber ist der Auftritt des die Bühne beherrschenden Dirk Waanders, der seine Mitspieler freilich nicht zu Stichwortgebern herabwürdigt. Ines Arnd als verzücktes Hausmädchen Draga und Michaela Klarwein mit ihrem Gattenmord-Gedanken seien hier erwähnt. Auch Carolin Freud als kesse Tochter gefällt, auch wenn man sie sich etwas heutiger gewünscht hätte. Dafür gibt Nico Venjacon als schauspielernder Sohn des Haus einen Depri aus dem Bilderbuch. Lachen ist eben doch die beste Therapie.