Einer nach dem Anderen (ab 20.11.2014 im Kino)

Rache ist süß

Auch Gangster haben Künstlernamen. In der norwegischen Gangsterkomödie »Einer nach dem Anderen« heißen sie Chinese, Graf, Papa, Bullitt oder Wingman. Gegen diese »Künstler« führt ein Schneepflugfahrer einen blutigen Rachefeldzug.

Dabei ist Nils Dickman (Stellan Skarsgård) ein ruhiger Mensch, von seinen Nachbarn hochgeschätzt, die ihn, den gebürtigen Schweden, gerade zum Bürger des Jahres gewählt haben. Nils sorgt mit seinem riesigen, gelben Schneeräumer dafür, dass die verschneiten Straßen im hohen Norden Norwegens befahrbar bleiben.
Als sein Sohn Ingvar als Drogentoter an einer Bahnstation gefunden wird, bricht für ihn eine Welt zusammen. Dass sein Junge ein Junkie war, wie die Polizei annimmt, hätte er niemals vermutet. Und er war es auch nicht – das erfährt der Vater von Ingvars Freund, der der Mafia entwischt ist. Die Drogenmafia hat Ingvar mit einer Überdosis umgebracht.
Nachdem Nils das herausgefunden hat, beginnt er mit stoischer Gelassenheit, in der Unterwelt aufzuräumen. Von Ingvars Freund erfährt er den ersten Namen: Jappe. Aus Jappe prügelt er den nächsten heraus, dessen Telefonnummer – wie praktisch – in Jappes Handy gespeichert ist. Auch der wird Nils »Befragung« nicht überleben. Einer nach dem Anderen müssen die Gangster dran glauben. »In Order of Disappearance« heißt der internationale Titel, und jede Leiche bekommt einen hübschen schwarzen Grabstein-Zwischentitel, wenn sie, gut verpackt, von Nils in einen nahe gelegen Wasserfall geworfen wird.
»Rache ist ein primitives, aber doch sehr menschliches Bedürfnis«, kommentiert Regisseur Hans Petter Moland seinen Film, der in der Tradition von Quentin Tarantino steht. Und über die kriminellen Figuren: »Sie sind Kinder, die Waffen besitzen und die auf andere Kinder mit noch größeren Waffen treffen. Und das so lange, bis sie auf jemanden treffen, dessen Rachsucht stärker ist als alles, was sie kennen.«
Um den hippeligen, sich ständig mit seiner Ex streitenden Drogenboss, den Grafen (Pål Sverre Valheim Hagen) zu erledigen, braucht Nils eine konkurrierende Bande: die Serben, die von Papa, gespielt von Bruno Ganz, angeführt werden. Ganz ist neben Skarsgård der zweite schauspielerische Lichtblick in diesem Film. Wie er mit Trauermiene über Leben und Tod seiner Feinde verfügt, das ist schon sehenswert.
Bei all dem agiert die Polizei völlig ahnungslos, was wiederum Nils einen guten Grund liefert, den Strafvollzug selbst in die Hand zu nehmen. Die Verherrlichung der Selbstjustiz ist ja ohnehin im heutigen Kino nichts Ungewöhnliches. So bleibt bei manch amüsiertem Betrachter ein bitterer Nachgeschmack.

Claus Wecker
EINER NACH DEM ANDEREN (Kraftidioten)
von Hans Petter Moland, N/S/DK 2013, 115 Min.
mit Stellan Skarsgård, Bruno Ganz, Pål Sverre Hagen, Birgitte Hjort Sørensen, Anders Baasmo Christiansen, Kristofer Hivju
Krimikomödie
Start: 20.11.2014

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