Kein Wanderzirkus – Ab 14. November ist das English Theatre zurück im Gallileo-Turm

Die Zeit als Wanderzirkus nähert sich dem Ende. Am 14. November soll das English Theatre Frankfurt seine Pforten wieder im angestammten Heim im Gallileo-Turm öffnen. Dann steht erneut die Shakespeare-Persiflage »Something Rotten« auf dem Programm. Das aufwendige Musical wurde gerade gespielt, als die größte englischsprachige Bühne auf dem europäischen Festland im Januar 2024 von jetzt auf gleich aus dem Hochhauskeller ausziehen musste. Die Commerzbank hatte das Gebäude an die Singapurer Investment-Gesellschaft Capitaland verkauft und zugesagt, es leer zu übergeben. Daraufhin war ein längerer Streit um den Verbleib des Theaters entbrannt, der mittlerweile beigelegt ist.
Hauptmieter des Turms wird in Zukunft die Europäische Zentralbank sein. Zusammen mit dieser ist am 13. März 2026 eine Eröffnungsfeier geplant, einen Tag später gefolgt von der ersten Neuproduktion in den dann renovierten Räumen. Tom Littler, der am Haus bereits die Musicals »Cabaret« und »Jekyll & Hyde« inszenierte, bringt diesmal das wortgewaltige »Churchill in Moscow« zur Erstaufführung auf dem kontinentalen Festland. Das komödiantische Drama über ein fiktives Treffen des früheren britischen Premiers mit dem sowjetischen Diktator Josef Stalin hat der englische Theater- und Drehbuchautor Howard Brenton geschrieben. Littler hat es im Februar bereits im Orange Tree Theatre in Richmond gezeigt, das unter seiner künstlerischen Leitung als »Theater des Jahres in Großbritannien« ausgezeichnet wurde.
Für den Abschluss der erneut verkürzten Saison, die mit »Egomania – Size matters« übertitelt ist, ist die Vampir-Geschichte »Dracula: A Comedy of Terrors« von Gordon Greenberg und Steve Rosen vorgesehen. In dieser trifft der schüchterne Immobilienmakler Jonathan Harker in Transsylvanien auf ein fruchtbar eitles Monster, hinter dem auch die Vampirjägerin Jean Van Helsing her ist. Die schräge Story basiert lose auf dem Original von Bram Stoker, berücksichtigt aber den »woken« Zeitgeist.
Weitere offene Fragen für das Theater haben sich gelöst. So werden Intendant Daniel Nicolai und sein Team im August neue Büros in der Kaiserstraße beziehen, mit Blick auf ihre Spielstätte. In dieser selbst war kein Platz mehr für das Office gewesen. Die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) hat sich dafür eingesetzt, dass die Stadt neben den Miet- auch die Nebenkosten für das Theater im Turm übernimmt. Dafür meldete sie neben den gleich gebliebenen jährlichen Subventionen in Höhe von 555.000 Euro zusätzliche 453.153 Euro im Haushalt 2026 an. In den 20 Jahren zuvor hatte die Commerzbank die Summen getragen.
Für die Modernisierungsmaßnahmen fallen aber weitere Kosten an, für die Nicolai noch auf der Suche nach Sponsoren ist. In einem kleinen Katalog sind verschiedene Anschaffungen mit ihren Preisen aufgelistet, von einem Moving Light für 450 Euro bis hin zu einem neuen Herz der Beleuchtungsanlage, das auf 40.000 Euro beziffert wird. Potenzielle Unterstützer können sich ein Engagement ihrer Wahl aussuchen.
Das Publikum sei dem English Theatre auch in der Volksbühne oder im ehemaligen Fritz Rémond Theater treu geblieben. Die Auslastung betrug stattliche 83 Prozent. Da jedoch deutlich weniger Vorstellungen als sonst gegeben werden konnten, sank die Gesamtzahl der Zuschauer um etwa 50 Prozent auf 30.683. In der nächsten Saison rechnet Nicolai wieder mit einem deutlichen Aufwärtstrend. Vorausgesetzt, der 15. November ist zu halten. »Einen Plan B«, so der Intendant, »den gibt es nicht.«

Katja Sturm/ Foto: »Something Rotten«, © Martin Kaufhold
www.english-theatre.de

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