Landungsbrücken zeigt »Eines langen Tages Reise in die Nacht«

Was tun, wenn das Theater nicht spielen kann, nicht spielen darf? Abstand. Social Distancing. Sie haben davon gehört. Man ist auf sich selbst zurückgeworfen und auf die Frage: Was mache ich hier und warum eigentlich?
Ausgehend davon hat sich das Ensemble TheaterKater rund um die Regisseurin Melanie Schöberl, diesonst für die Kostüme am English Theatre verantwortlich zeichnet, über den Sommer mit Eugene O’Neill auseinandergesetzt.
»Blut und Tränen, geboren aus frühem Schmerz« sagt O’Neill über sein mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnetes »Eines langen Tages Reise in die Nacht«. »Ein Mond für die Beladenen« ist eine De-facto-Fortsetzung. Wir verfolgen das Leben der Familie Tyrone, erleben ihre Zerwürfnisse und erfolglosen Versuche einander näherzukommen, vom Morgen hinein in eine unruhige Nacht.
Grundthema beider Stücke ist die Suche nach menschlicher Bindung und die Angst davor, selbst erschaffene Schutzmauern einzureißen. Zu groß ist die Gefahr, Opfer der grausamen Machtspiele innerhalb der dysfunktionalen Familie zu werden, oder gar Gefühle zuzulassen, sobald man seine eigene »Box« verlässt.
Jeder Schauspieler, jede Schauspielerin arbeitet sich in eigens für sie geschaffenen Boxen an sich selbst und am – sozial und räumlich – distanzierten Gegenüber in diesem begrenzten Raum physisch ab und hat im Laufe des Probenprozesses eine ganz eigene Beziehung zu seiner/ihrer Box entwickelt. Die Boxen leuchten von innen und spenden sich gegenseitig Licht, ansonsten gibt es keine weiteren Lichtquellen. Die Figuren spiegeln sich in ihrer Box, ihre Spiegelbilder werden aber ebenfalls auf die Boxen der anderen Familienmitglieder geworfen. Niemand kann ihrer Gesellschaft entkommen. Niemand entkommt der Gesellschaft. Selbst in den eigenen vier Wänden, in der Home Existence.

Bob Sinclair (Foto: © Anika Ullmann)

Termine: 22., 23. Oktober, jeweils 20:00 Uhr.
www.landungsbruecken.org

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