Städel Museum: Schönheit und Revolution

Männerphantasien

Das war doch genau unser Ding, und ist es irgendwie immer noch. Denkt man sich. Und tritt näher an das Plakat mit der Losung »Schönheit und Revolution« auf einem todattraktiven nackten Muskelmännerrücken. Skeptisch macht nur, dass es für die von 1770 bis 1820 datierte Epoche des »Klassizismus« wirbt, deren Name schon schaudern lässt und die gewöhnlich Formstrenge, eherne Regeln und Statuen nach Art der alten Griechen verheißt. Schön, revolutionär und sexy klingt das nicht.

So kann man sich täuschen. Nicht nur das Prachtkreuzs des »Patroklus« wegen, den Jaques-Louis David, der »Hofmaler« der Französischen Revolution, punktgenau der antiken Skulptur des »Sterbenden Galliers« nachempfunden hat. Schon beim Eintritt wird der Besucher von Reizen überflutet, die verdeutlichen, wie weit das Verständnis »der Alten« divergieren kann. Die formvollendeten weißen Skulpturen von Antonio Canova und Bert Thorvaldsen zeigen jeweils die schöne junge Hebe, das als Mundschenk der Götter fungierende Töchterchen des Zeus und der Hera.

Mit teils entblößten mädchenhaften Brüsten bieten die Mythen-Girlies uns eine Trinkschale mit ewige Jugend verheißendem Nektar an. Nur tut das Canovas Hebe von 1796 auf einer Wolke selbstbewusst mit herausforderndem Blick, während Thorvaldsen seine zehn Jahre später entstandene Nymphe nachdenklich, fast schamvoll mit gesenktem Haupt präsentiert. Lolitaeske Männerphantasien bedienen freilich beide. Es ist das erste Mal, dass die beiden prominenten Statuen zusammen gezeigt werden.

Die Vielzahl der Exponate stammt aus dem damaligen Künstlermekka Rom. »Amor und Psyche« (Canova) und »Ganymed« (Thovaldsen) sind weitere Höhepunkte im ersten, den Skulpturen gewidmeten Teil einer großartigen Schau, die auch Gips- und Bronzekopien antiker Originale wie der Laokoon-Gruppe vorstellt.

In der zweiten Abteilung ist Jaques-Louis David, ein Freund Robespierres und Mitglied des jakobinischen Sicherheitsausschusses, der Star. Sein bekanntestes Werk, »Der Tod des Jean Paul Marat«, verklärt den in seiner Badewanne ermordeten Dichter zum Märtyrer, und macht hier, wenn auch nur in einer Werkstatt-Ausgabe, den Auftakt.

Bis 26. Mai: Di, Fr, Sa, So, 10-18 Uhr; Mi, Do 10-21 Uhr
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