Superidee: Aus Supergrrrls werden Superfrauen

Gespräch mit Ute Bansemir über die Neuauflage eines Erfolgsstücks

Als vor sieben Jahren die Supergrrrls der theaterperipherie an den Start gingen, eine sehr erfolgreiche Produktion, mit ihrer Komik, ihren laut herausgebrüllten Identitätskonflikten, ihren Delirien, ihrem Rollentausch, ihrer Bitch-Musik und ihrem rauschhaften Zertrümmern von überkommenen Rollenbildern, da konnte man sich eigentlich gar nicht vorstellen, dass es eine Fortsetzung davon geben könnte. War jetzt nicht alles gesagt, gespielt, unternommen?

Doch die gibt es jetzt. Und zwar werden dieselben Darstellerinnen wieder auf der Bühne stehen. Sie sind sieben Jahre älter, um sieben Jahre Erfahrungen reicher, und sie stellen sich die Frage, ob das denn jetzt alles so aufgegangen ist mit dem Zerstören der Bilder, mit dem Rausch, mit der Frage nach Emanzipation, mit dem Durchsetzen in einer Männerwelt. Ute Bansemir, damals und jetzt Regisseurin und Leiterin der theaterperipherie, erklärt, wie es dazu kam.

Ute Bansemir, theaterperipherie: Die neuen Supergrrrls sind eine Fortsetzung. Damals waren sowohl die Darstellerinnen als auch ich Berufsanfängerinnen, wir waren in der Phase der Selbstfindung, manche noch im Studium. Inzwischen hat sich viel geändert. Wir sind Mütter, Nicht-Mütter, manche haben ihre Berufsausbildung abgeschlossen, ihren Beruf sogar gewechselt, stehen also in einer ganz anderen Lebensphase. Ich wollte schon immer gerne die Schauspielerinnen wieder zusammenbringen, um noch einmal zusammen zu spielen. Auch, weil wir so viele Anfragen bekommen haben, warum wir Supergrrrls nicht mehr auf dem Spielplan haben. Der Erfolg war enorm, manche haben sich sogar grrrls tätowieren lassen.
Und wir waren so tolle unterschiedliche Frauen. Ich hab bei der Kontaktaufnahme gemerkt, dass jetzt alle in einer Art Pause oder Umbruch stecken. Zum Beispiel ist Toni (Antonia Jungwirth) Profischauspielerin geworden und hat beim Theater in Konstanz gearbeitet. Sie hat dort gekündigt, um als Freie zu arbeiten. Eine andere hat ihre Arbeit als Sozialarbeiterin an einer Schule unterbrochen, sie macht jetzt Yogakurse in der Wüste. Wir wollen uns den Fragen nochmal stellen, wie sind die Rollenzuschreibungen, was ist angeblich normal für eine Frau und wie kann man damit umgehen? Jetzt in diesem, unserem Alter?
Im ersten Teil war es ja sehr wild, wir haben alles kaputt geschlagen und weggeschrien, und wir schauen jetzt etwas melancholischer drauf. Nicht mehr Krach und Party und Alkohol und wegschreien, damit kommt man nicht mehr weit, aber: wie kann man trotzdem seine Stärke haben – ohne überdreht zu sein, zu feiern?

Frage: Für mich war einer der wichtigen Punkte, die damals in Supergrrrls verhandelt wurden, die sexuelle Selbstbestimmung. Was ist daraus geworden? Wurden aus den Supergrrrls die Superwomen?

Ute Bansemir: Es ist jetzt nichts mehr Lautes, nicht mehr Rock ’n’ Roll dabei. Extrovertiert, angstfrei, laut, das war das Erwachsenwerden, das gehörte dazu. Und jetzt sind wir erwachsen. Wie kann man diese neue Stärke im Theater auch erzählen? Wir sind ja immer noch mit Frauenbildern im Fernsehen, in der Werbung, auch im Theater konfrontiert.

Frage: In der Zwischenzeit ist viel passiert, auch in feministischen Diskussionen. Kommt beispielsweise die Kampagne Me Too vor?

Ute Bansemir: Ja – ganz einfach, weil es dabei um hierarchische Strukturen geht, um männlich geprägten Führungsstil. Und es kommen ja auch neue Erfahrungen hinzu auf der Berufsebene, durch Corona verstärkt natürlich, die Frauen gehen eher in Kurzarbeit, sie betreuen die Kinder beim Homeschooling. Das Mutter-Thema ist präsenter geworden. Wie verbinde ich das, wie kann ich mir das leisten, oder wenn man paarlos älter wird, muss man sich von der Idee verabschieden, ein Paar zu sein und ein Kind zu haben?

Frage: Wie wird die Inszenierung sein?
Ute Bansemir:
Der serielle Charakter wird beibehalten. Es waren fünf Teile, und am Ende wurde immer etwas zertrümmert. Jetzt wird es eher darum gehen, Neues zusammenzusetzen, und wir werden zum Teil auch die Sachen von damals tragen. Es wird um Spuren des Älterwerdens gehen, auch bei unserer Ausstattung übrigens.

Frage: Biografisches Theater?
Ute Bansemir: Das Material kommt zum einen von den Schauspielerinnen, aber wir werden auch diesmal Interviews führen. Diesmal sind es Frauen in beratenden Berufen, also nicht wie damals, da ging es um Körperlichkeit. Leider geht’s jetzt dabei auch oft um Optimierung, und wenn die Lebenskonzepte so auf Optimierung abgestimmt sind, dann gibt’s eigentlich keinen Freiraum.

Frage: Werden jetzt auch wieder die Rollen sinnbildlich zerbrochen?
Ute Bansemir: Nein, eher nicht. Wir blicken darauf, wo man sich arrangiert oder wo man zu anderen Formen findet. Vielleicht ist diese Phase eher das Gegenteil von cool …

Susanne Asal

Eine Terminserie folgt ab März.
www.theaterperipherie.de

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