Willy Praml Theater stellt mit Molières »Don Juan« die Männerfrage

Nicht »Lysistrata«, sondern »Don Juan«, nicht Aristophanes, sondern Molière, in jedem Falle aber Komödie lautet die Antwort des Theaters Willy Praml auf die genderbewegten Debatten der Zeit. Nicht die Sexstreik provozierende antike Heroin des Feminismus, sondern dessen erklärtes Feindbild, der weiße reaktionäre Mann und Frauenverächter, wird Thema der Frankfurter Bühne: »ein völlig unkorrekter Akt« kündigt ihre Homepage an.
Molière führt sein Stück im Jahr 1665 unter dem Titel »Le festin de pierre«, als »Der steinerne Gast« ins Deutsche übertragen, erstmals auf, wenige Monate nachdem ihm der Erzbischof von Paris den »Tartuffe« (1664) verboten hat. Wie die Komödie um den religiösen Heuchler ist auch sein »Dom Juan«, im Deutschen Don, mit seinem Glaubensbekenntnis »zwei und zwei ist vier« umstritten und nach wenigen Vorstellungen verschwunden. Erst 180 Jahre später taucht es wieder in Frankreich auf. In Deutschland wird es erst 1952 entdeckt.
Zusammen mit Mozarts Oper »Don Giovanni« (1787) basiert Molières Komödie auf dem Stück des Spaniers Tirso de Molina »Der Verführer von Sevilla und der steinerne Gast« von 1624, beziehungsweise auf kursierenden Adaptionen davon. De Molina erzählt die Geschichte eines skrupellosen adligen Wüstlings und Atheisten, der keine Händel auslässt und die Eroberung von Frauen als Selbstzweck betreibt, um in einer grandiosen Höllenfahrt zu enden.
Der besondere Zugriff des Franzosen liegt für Praml in der kompromisslosen Amoralität seines Protagonisten, der bis zum letzten Wimpernschlag keine Reue kenne. Don Juan sei in seiner rigorosen Gier nach Erleben ein nur dem Faust vergleichbarer Mythos: Keinem Menschen gelinge es, ihn zur Rechenschaft zu ziehen, aus jeder seiner Affären winde er sich heraus. Der Einzige, den Don Juan als Feind anerkenne, sei der Allmächtige, Gott selbst sei sein Gegner und werde von ihm immer wieder herausgefordert.
Nicht eine einzige Liebesszene gebe es in diesem Stück, fügt Praml an: »Alles nur Anmache«. Über 100 Jahre vor dem aufgeklärten Casanova, den Fellini als ein Produkt sinnentleerten Leistungsdenkens im Geisteskosmos von de Sade karikiere, stehe Molière noch mitten in den religionsphilosophischen Auseinandersetzungen der Zeit des Übergangs zur Renaissance. Sein Ringen mit dem Glauben gipfle in der schockierenden Scheinbekehrung Don Juans, wo Molière ihn auch als Wiedergänger Tartuffs präsentiert.
Die Inszenierung sei ganz auf den Text konzentriert und bleibe auch in der Ausstattung streng barock, kündigt der Theatermacher an. Ganz im Sinne des Autors würden auch die von ihm entwickelten Interludi eingespielt: Musik vor allem von Rameau. Michael Weber als Don Juan und Jakob Gail als Sganarell sind fast in allen Szenen präsent, die weiteren Rollen teilen sich Birgit Heuser und Elisabeth-Marie Leistikow sowie Muawia Harb.

Winnie Geipert (Foto: Willy Praml, © Theater Willy Praml)
Termine: 16., 18., 19. Mai, jeweils 20 Uhr
www.theaterwillypraml.de

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