Die Zeit als Wanderzirkus ist vorbei. Im Oktober ist das English Theatre Frankfurt in seine angestammte Heimat im Gallileo-Turm zurückgekehrt. Von dort hatte es im Januar 2024 innerhalb kürzester Zeit weichen müssen, damit das Gebäude dem neuen Eigentümer CapitaLand übergeben und renoviert werden konnte. In der Zwischenzeit kam die größte englischsprachige Bühne auf dem europäischen Festland mal im früheren Fritz Rémond Theater am Zoo, mal in Michael Quasts Volksbühne unter. Dazwischen galt es immer wieder, längere Pausen zu überstehen.
Nun jedoch ist diese »kostspielige und anstrengende« Phase vorbei, wie Intendant Daniel Nicolai erklärt. Das Publikum dürfe sich wieder auf die gewohnt aufwendigen Produktionen freuen. Los geht’s mit einer Wiederaufnahme, dem schrägen Musical »Something Rotten!«, dessen Spielzeit beim Auszug zum Bedauern vieler Zuschauer, die dafür schon Karten erworben hatten, abgebrochen werden musste. Die Kulissen ließen die Verantwortlichen im Bühnenkeller stehen. »Sie hatten nur ein bisschen Staub angesetzt«, sagt Theatersprecherin Andrea Leonhardt.
Das turbulente Stück von John O‘Farrell sowie Karey und Wayne Kirkpatrick handelt zu den Zeiten Shakespeares, der darin ein selbstverliebter Barde ist. Die Konkurrenz, darunter die Brüder Nick und Nigel Bottom, kommt gegen den Rockstar nicht an, bis sie ein Wahrsager auf die Idee bringt, das erste Musical der Geschichte zu schreiben. Allerdings wird von diesem Verwandten des populären Nostradamus nicht alles, wessen er selbst beim Blick in die Zukunft gewahr wird, richtig verstanden.
Ein prächtiger Spaß erwartet das Publikum, wenn es sich darauf einlässt, dass angesehene Klassiker mit allen Mitteln der Wortkunst ins Lächerliche gezogen werden. Nichts wird ernst genommen, Schlag auf Schlag folgt eine Pointe der anderen, und es geht durchaus schlüpfrig zu. Zudem gibt es mitreißende Tanz- und Stepszenen.
Nicolai ist es gelungen, nicht nur den Regisseur Ewan Jones und sein Kreativteam, sondern auch die Hälfte des 14 Männer und Frauen zählenden Original-Casts zurück an den Main zu locken, darunter die Darsteller des Nostradamus, Tom Watson, des jüngeren Bottom-Bruders Nigel, Sami Kedar, und dessen Freundin Portia, Briana Kelly. »Die andere Hälfte ist leider woanders unter Vertrag«, sagt Nicolai.
Die Modernisierungen, die er und seine Mitarbeiter mithilfe von Spenden für die eigenen Räume geplant hatten, sind noch nicht abgeschlossen. Einen Teil des Schadensersatzes, den der Vorbesitzer des Gebäudes, die Commerzbank, dem Theater gezahlt hatte, habe man aber schon in eine neue Ton- und Beleuchtungsanlage investiert, die das Erlebnis des Publikums weiter verbessern soll.
Der Auftakt zu den Vorstellungen von »Something Rotten!« am 14. November stellt für das Theater eine Art »Soft Opening« dar. Ein größeres Fest ist im nächsten Jahr gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank geplant, dem Hauptmieter des Hochhauses. Auf dem Spielplan steht dann das erste neue Stück, »Churchill in Moscow«, ein komödiantisches Drama über ein fiktives Aufeinandertreffen des früheren britischen Premiers mit dem sowjetischen Diktator Josef Stalin. Geschrieben hat es Howard Brenton, inszeniert wird es von Tom Littler, der an dieser Stätte auch schon mit »Cabaret« oder »Jekyll & Hyde« beeindruckte. Premierentermin ist der 13. März.
»Unser Personal, die Künstler aus London, die studentischen Aushilfen, alle freuen sich, dass es jetzt wieder richtig losgeht«, sagt Nicolai. »Man könnte sagen, wir sind euphorisiert.«
Mit »Something Rotten!« kehrt das English Theatre in den Gallileo-Turm zurück