»Nein zum Geld« im Kellertheater

Ein Abendessen, vier Menschen und eine Nachricht, die alles verändert. So beginnt Flavia Costes‘ »Nein zum Geld«, und schon nach wenigen Minuten entfaltet sich auf der Bühne eine Komödie voller Energie, Witz und absurder Logik. Richard hat seine Mutter, seine Frau und seinen besten Freund eingeladen, er will etwas Wichtiges verkünden: Er hat im Lotto gewonnen. 162 Millionen Euro. Und er will das Geld nicht.
Seit Jahren spielt Richard Lotto, immer mit denselben Zahlen – dem Hochzeitsdatum seiner Eltern. Doch Mutter Rose, gespielt von Doris Enders, hat dieses Datum längst vergessen. Kein Wunder: Der Ehemann ist seit zwanzig Jahren tot, und Rose sucht ihren Traummann inzwischen lieber beim Speed-Dating oder online. Enders bringt die Figur mit Witz und Selbstironie auf die Bühne – flatterhaft, lebenslustig und mit einem unerwartet klaren Blick auf die Dinge.
Kaum ist die Nachricht vom Lottogewinn ausgesprochen, bricht bei den drei anderen schlagartig Euphorie aus. Sie tanzen ausgelassen zu Dalidas »Itsi Bitsi Petit Bikini«. Hier verdichtet sich die ganze Absurdität menschlicher Wünsche: Freude, Verwirrung, Begeisterung – und ein Schuss hemmungslose Gier.
Torben Goslar spielt Richard, der sich »nicht anpassen, sondern auserwählt« fühlen will, mit wunderbar stoischer Verlorenheit. In seinem Idealismus steckt zugleich Eitelkeit und Angst. »Ich kann nie und nimmer der ganzen Welt helfen«, sagt er, »und wem soll ich dann helfen?« Goslar gelingt es, diese Figur zwischen komischer Prinzipienfestigkeit und echter Verzweiflung balancieren zu lassen – absurd, aber zutiefst menschlich.
An seiner Seite Stella Beck als Ehefrau Claire, die gerade ein Baby bekommen hat und nun zwischen Wiege, Existenzsorgen und Weltanschauung zerrieben wird. Sie trägt mit ihrem Gehalt als Französischlehrerin die Familie.
Mathias Scherer verkörpert Étienne, Richards Freund und Arbeitgeber, als charmanten Pragmatiker mit feinem Gespür für Timing. Ein loyaler Gefährte – und einer, der genau weiß, dass sich Prinzipien oft leichter dehnen lassen als Geldbeträge.
Regie führt Daniela Vollhardt, die dem Ensemble mit sicherem Gespür für Rhythmus, Timing und Zwischentöne Übertreibungen erlaubt, aber nie Albernheiten. Hinter allem Witz steht die Frage:»Was bedeutet Glück eigentlich?« Ist es Reichtum, Liebe, Sicherheit – oder schlicht das Gefühl, gebraucht zu werden?
Das Bühnenbild – ein blaues Sofa und ein Kühlschrank – ist schlicht, aber ausdrucksstark. Die Reduktion lenkt den Blick auf das Ensemble, das seine Rollen mit Präzision ausfüllt.
Musikalisch durchzieht der Abend ein Hauch von französischem Esprit. Chansons und Popsongs verleihen der Inszenierung Rhythmus und Leichtigkeit, kommentieren das Geschehen augenzwinkernd.
»Nein zum Geld« ist eine absurd-komische, warmherzige Komödie über Moral, Glück und die Angst vor Veränderung.
Ein Abend, der beweist: Über Geld spricht man nicht – man lacht besser darüber.

Foto: Anja Kühn
Termine: 31. Oktober, 1. November, 20.30 Uhr; weitere Termine im Dezember
www.kellertheater-frankfurt.de

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