»Bezahlt wird nicht!« am Staatstheater Mainz

Das kennt man ja, dass alles immer teurer wird: die Miete, der Strom, die Lebensmittel. Der Italiener Dario Fo und seine Frau Franca Rame haben darüber schon vor mehr als 50 Jahren ein Stück geschrieben; jetzt wird »Bezahlt wird nicht!« wieder im Kleinen Haus des Mainzer Staatstheaters aufgeführt. Man merkt der Farce das Alter an, auch wenn sie an der einen oder anderen Stelle den Aktualitäten angepasst wurde. Witzig geht’s aber allemal zu.
Die Frauen begehren gegen die steigenden Kosten auf: Sie stürmen den Supermarkt und klauben zusammen, was sie tragen können, ohne dafür Geld hinzulegen. Vor ihren braven Männern müssen sie das geheim halten; die hätten als überzeugte Kommunisten kein Verständnis für solche Plündereien.
Zu Beginn der Komödie kommt die zupackende Antonia (Andrea Quirbach) gerade zusammen mit ihrer Nachbarin und Freundin, der eher ängstlichen Margherita (Diana Storozhuk), mit ihrem Diebesgut nach Hause. Matthias Werner hat dafür eine auch als Schlafzimmer dienende, sanierungsbedürftige Küche mit viel zu kleinem Kühlschrank eingerichtet, in dem die Sachen aber sowieso keinen Platz finden sollten, weil Gatte Giovanni (Holger Kraft) für das Übermaß eine Erklärung fordern würde. Also unters Bett damit und unter den Mantel: Margherita soll so einen Teil der Ware ins eigene Heim schleusen. Der dicke Bauch wird dem eintreffenden Hausherrn mit einer Schwangerschaft erklärt. Natürlich verstricken sich die beiden Geheimnisträgerinnen zusehends in die absurden Lügenstränge, die Antonia spinnt, und der leichtgläubige Gatte leitet den Quatsch an den Kumpel und vermeintlichen Vater des Kindes, Luigi (Sabah Qalo), weiter. Ein Polizist, der das Geklaute finden soll, entpuppt sich als deutlich weniger staatshörig als erwartet; dass der strengere Carabinieri vom gleichen Darsteller, Lorenz Klee, gemimt wird, dient als Basis für weitere humorvolle Bemerkungen.
Unter der Regie von Leonardo Raab kippt das Spiel oft ins Alberne; in den besseren Momenten sind nicht nur die Lachmuskeln gefordert. Wie es sich für die Arbeiterklasse gehört, müssen alle mit anpacken: Die Pappkartons, die die angesichts wachsender Probleme mittlerweile ebenfalls unartig gewordenen Männer abgreifen wollen, statt wie gefordert auf sie aufzupassen, soll das Publikum über die eigenen Köpfe hinweg erst nach hinten durchreichen und dann wieder zurückholen. Das sorgt für zusätzliches Gelächter und Spaß.
Bei all der übertriebenen Komik und dem chaotischen Slapstick – Luigi rutscht spektakulär auf einer Flüssigkeit aus, die das Fruchtwasser seiner eigenen Frau sein soll – wabert das Politische stets mit, wird aber nicht ausgeschlachtet. Nach mehr als zwei Stunden schlägt die ausgelassene Stimmung dramatisch um. Die Abrissbirne sorgt dafür, dass Schluss mit lustig ist. Packer räumen in Windeseile alles zusammen, bauen die Kulissen ab. Übrig bleiben zwei Paare, denen alles genommen wurde. Dieses Bild berührt und ruft einem die Ängste wieder ins Gedächtnis, die vorher mit viel Geschrei und Gepolter überspielt wurden, obwohl sie doch so nahe sind.

Katja Sturm / Foto: © Andreas Etter
Termine: 3., 10., 24. Januar, 19.30 Uhr
www.staatstheater-mainz.com

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