Das 1964 am Broadway uraufgeführte Musical »Hello Dolly« gehört mit seinen damals 2.844 Vorstellungen en suite und seinem anschließenden Welterfolg zu den ganz Großen des Genres. Nun begeistert es bei den Burgfestspielen in Bad Vilbel sein treues Publikum.
Annette Lubosch, die im letzten Jahr hier noch in dem Musical »Tootsie« als Darstellerin auf der Bühne stand, ist diesmal auf den Regie-Stuhl gewechselt und bildet mit dem musikalischen Leiter Jochen Kilian, der Choreographin Stefanie Schwendy, der Bühnenbildnerin Valerie Lutz und der Kostümbildnerin Cosima Wanda Winter ein Kreativ-Team, das Jerry Hermans (Musik und Liedtexte) und Michael Stewarts (Libretto) Vorlage kongenial umsetzt.
Und schon nimmt die jedem Boulevard-Stück Ehre machende Geschichte ihren Lauf: Die verwitwete Heiratsvermittlerin Dolly (Sonja Herrmann) will den Malermeister Horace (Matthias Schuppli) mit der Putzmacherin Irene (Julia Steingaß) verkuppeln. Der macht sich daraufhin auf den Weg nach New York, heimlich gefolgt von seinem Gesellen Cornelius (Sascha Stead) und seinem Lehrling Barnaby (Alexandr Plein), die endlich mal ein Mädchen küssen wollen. Zufällig treffen sie auf Irene und deren Angestellte Minnie (Alice Veronese) – mit denen sie schließlich im Edel-Restaurant »Harmonia Gardens« landen. Dort treffen sie auf Dolly, ihren Chef, dessen Nichte Ermengarde (Rita Correira) samt ihrem Künstler-Verlobten Ambrose (Lukas Schwedeck) und die angebliche Millionärserbin Ernestina (Annemarie Purkert), die als eventueller »Ersatz« für Irene fungieren soll. Aber eigentlich hat Dolly selbst ein Auge auf den Geizkragen Horace geworfen.
Der richtige Stoff für turbulente Verwicklungen und Missverständnisse, die Dolly noch forciert: »Geh du deine Wege, und ich geh meine Wege«, sagt sie zu Horace und zeigt dabei mit ihren Armen in die gleiche Richtung. Auch das klug ausgedachte Bühnenbild – drei überdimensionale Uhren-Ziffernblätter – wird intelligent in das Chaos einbezogen: umgedreht dienen sie als Kellereingang zu Horace Farbenlager, als Irenes Hutladen oder als Separees im »Harmonia Gardens«. Und natürlich als »Show«-Treppe, die unsere gewiefte Beraterin in allen Lebenslagen hinunterschreitet: »Hallo Dolly« wird sie von ihrem Lieblingskellner Rudi (Thijs Snoek) und seiner Crew singend und tanzend gefeiert. Sonja Herrmann strahlt dabei jenes Charisma aus, dass man sich liebend gerne in ihre Vermittler-Arme stürzen würde.
Das gilt für das ganze – vom Bad Vilbeler BelVoce Chor mit viel Enthusiasmus unterstützte – Ensemble, dass gesanglich, schauspielerisch und tänzerisch keine Wünsche offenlässt. Durch das präzise Komödien-Timing der Regie gelingt es ihnen, ihre Charaktere glaubhaft zum Leben zu erwecken und die leichtfüßigen Choreografien lassen sie förmlich über die Bühne schweben. Als Sahnehäubchen obendrauf, gibt es die schmissig arrangierten Melodien von Jerry Herman, die einem gar nicht mehr aus dem Ohr gehen wollen.
Burgfestspiele Bad Vilbel zeigen Jerry Hermans »Hallo Dolly!«
