Mit gleich drei Premieren wartet das Produktionshaus Naxos im September auf, die unterschiedlicher nicht akzentuiert sein könnten: Den Auftakt macht »Elektra« von Hugo von Hofmannsthal, und wer die Hofmannsthal-Ausstellung im vergangenen Jahr gesehen hat, weiß, was einen da erwartet. Oder nicht? Der Regisseur Florian Schongar und die Lichtregisseurin Betty Rieckmann nennen ihre Variation des antiken Tragödienstoffes, der schon viele Interpretationen auf sich geladen hat, »Hofmannsthal. Elektra. Tragödie für drei Liebende und eine Drohne«. Und richtig, sie haben da etwas Zukunftsweisendes im Blick, denn auf den Text des, wie es im Pressetext heißt, »Prä-Alten-Weißen Mannes« von 1904 möchten sie sich stützen, um die politische Dimension herauszuarbeiten. Und die ist hart: »Hofmannsthal verstand wie kein Zweiter, dass Gerechtigkeit der griechischen Tragödie nicht in Form von Vergebung und Versöhnung auftritt, sondern als Blutrache. Aus seinem Stück spricht die Klarheit einer untergehenden Epoche und die Ahnung, dass die erste Hälfte des kommenden Jahrhunderts eine Zeit der Gewalt werden würde …«.
Aufführungstermine sind vom 11. bis 14. September, um 20 Uhr, solidarisches Preissystem – wie stets auf Naxos.
»Rechts von uns das Land« nennt sich reichlich provokativ und vermutlich ziemlich wahrheitsgetreu eine anti-antifeministische Kaffeefahrt, zu der andpartnersincrime vom 19. bis 21. September zu wechselnden Abfahrtszeiten einladen. Abfahrt und Ankunft sind jeweils die Naxoshalle. Dauer: etwa 2,5 Std.
Was die Zuschauer*innen da erwartet? »Ein ortsspezifisches Theaterprojekt, eine Kaffeefahrt und eine rollende Konferenz, die sich mit anti-feministischen Strukturen im Rhein-Main-Gebiet auseinandersetzt.« Eine Persiflage auf die Kaffeefahrten, schön mit Spitzendeckchen, entsprechender Musik aus dem Radio, Gebäck und einer freundlichen Reiseleiterin ausgestattet. Doch der Hintergrund ist hoch politisch, beleuchtet er doch die rechtsextremen Verbindungen, die sich im Rhein-Main-Gebiet entwickelt und etabliert haben, wie beispielsweise das ehemals in Bad Vilbel angesiedelte Institut für Staatspolitik mit dem Antaios-Verlag von Götz Kubitschek, der »Bund freier Bürger« in Wiesbaden, die Gründung der AfD in Oberursel mit dem ehemaligen CDU-Politiker Alexander Gauland und dem Ex-FAZ Redakteur Konrad Adam. Und noch vieles mehr. Die Tour führt auch nach Darmstadt und Rüdesheim. Wichtig auch: Wie funktioniert der Brückenschlag zwischen konservativem Bürgertum und rechtradikaler Gesinnung? Es gibt Vorträge und Performances, die Recherchegruppe Rhein-Main-Rechtaußen macht mit und die Crew vom Solibus Berlin. Serviert wird dampfender Apfelkuchen und ein bisschen Blut- und Bodentheorie. Na denn wohl bekomm’s.
Der Bus rollt am 19. September, um 17 Uhr, am Samstag, den 20. September gleich zweimal, um 12 und um 16.30 Uhr, und am Sonntag, den 21. September, um 15 Uhr.
Eine Tanzperformance beschließt den Reigen der Premieren auf Naxos. Nazanin Bahrami möchte in »Cry, but keep it cute« Bewegungspartituren vorstellen, die sich gegen den unablässig auf einen einströmenden, manipulativ erzeugten Bilderkatalog wehren. Eine ganze Folie der unterschiedlichsten Fragen zur medialen Berichterstattung bilden das gedankliche Gerüst: »Wie berichtenswert ist es, das Leid anderer zu bezeugen?«, etwa, »Wie können wir eine Verbindung zu fernem Schmerz und Trauer herstellen«? Die Künstlerin nimmt wahr, dass redaktionelle Entscheidungen darüber was zu sehen ist und was nicht, dass intransparente Empfehlungen oder gar Zensur dazu beitragen, dass Menschen ausgeblendet werden und andere nicht, dass dadurch Rangordnungen entstehen, dass das »Andere« damit geschaffen wird. Wie bewahrt man sich darin die Menschlichkeit?
Weitere Mitwirkende sind u.a. Omid Mashhadi (Dramaturgie) und Ernesto Ruiz-Vicente und Agnes Bischof (Musik).