Mit Camille Rutherford erscheint innerhalb eines Vierteljahres die zweite französische Buchhändlerin auf den hiesigen Kino-Leinwänden. Alleinstehend sind beide. Die von Valeria Bruni Tedeschi grandios gespielte Sandra musste in »Was uns verbindet« (L’attachement) ihre Scheu vor Kindern ablegen. Dagegen hat Agathe, von Rutherford nicht weniger überzeugend dargestellt, auf ihrem Weg zur etablierten Schriftstellerin die Partnersuche erst einmal hintangestellt.
Agathe arbeitet in der Pariser Buchhandlung Shakespeare and Company, einer englischen Enklave inmitten der französischen Kultur. Ihr Idol ist Jane Austen, und ihren Kundinnen kann sie immer den passenden Roman ihres Idols empfehlen. Gleichermaßen den Nerv heutiger Leserinnen zu treffen ist ihr großer Wunsch. Zumindest den der altmodischen unter ihnen, denn Agathe fremdelt mit der Moderne. Sie lehnt beispielsweise Dating Apps ab, die ihr für die Beschreibung heutiger Romanzen recht hilfreich sein könnten.
Die Leiterin des Kurses für kreatives Schreiben, an dem sie teilnimmt, hält ihre Arbeiten allerdings für billige Romanzen, und ihr charmanter Arbeitskollege Félix (Pablo Pauly) macht sich gerne über ihre Verklärung des 19. Jahrhunderts lustig. Doch ihm hat sie eine Chance zu verdanken, ihrem Ziel, eine gute Autorin zu werden, näherzukommen. Er hat nämlich hinter ihrem Rücken ihren englisch verfassten Romananfang zu einem Schreibwettbewerb der Jane Austen Writers’ Residency eingereicht.
Kurz bevor sie nach England abreist, verabschiedet sie der Frauenheld mit einem Kuss, was sie nicht nur verwirrt, sondern wohl auch eine Schreibblockade verursacht. Im malerischen gefilmten England angekommen, wird sie von einem männlichen Wesen abgeholt, das allerdings eher unerotische Irritationen bei ihr auslöst.
Oliver (Charlie Anson), ein Nachfahre von Jane Austen, hält das Werk seiner Ur-Ur-Ur-Großtante für überschätzt und ist so ziemlich das Gegenteil von Félix: schweigsam, distanziert und ein wenig unbeholfen, gewissermaßen das Klischee eines Engländers, welcher aus einem Austen-Roman stammen könnte.
Die aufmerksame Leserin dieses Textes wird bereits erraten haben, dass Agathe und Oliver einander ähneln. Der konservative Oliver ist als Dozent auch der klassischen Literatur zugetan und hängt an seinem antiken Auto, das prompt auf dem Weg zur Residenz stehen bleibt. Dort angekommen, verzieht er keine Miene, als Agathe nackt vor ihm steht, weil sie die Tür zu seinem Zimmer mit der Badezimmertür verwechselt hat.
Die Szene erinnert an Ernst Lubitsch, den Regisseur der Türen und Verwechselungen. Im Garten und im Gemeinschaftsraum der Residenz stehen die verschieden Standpunkte der Stipendiaten zur Diskussion, die der skurrile Opa Todd (Alan Fairbairn) bisweilen ins Lächerliche zieht.
Drehbuchautorin Laura Piani erlag der Faszination, die Filme besitzen können, in den Kinos im Pariser Quartier Latin, wo sie die Komödien von Lubitsch und Billy Wilder entdeckte. In ihrem Langfilm-Regiedebüt mit dem Originaltitel »Jane Austen a gâché ma vie« zeigt sie nicht nur, dass sie romantische Komödien, sondern auch Buchhandlungen und die Literatur liebt. Sie glaubt, dass Bücher ein Teil unseres Lebens werden können. Und sie vermittelt dies auf so gekonnte Weise, dass wir ihr auch das Wohlfühl-Ende verzeihen. Und immerhin kommt es dermaßen verzögert, dass wir bitter enttäuscht wären, wenn es hätte ausbleiben müssen.