Viele Leute geben sich immer noch der beruhigenden Vorstellung hin, an allem, was derzeit im Nahen Osten schief läuft (genau genommen auf der ganzen Welt), seien die Amerikaner schuld – insbesondere George W. Bush, der bekanntlich gegen die Expertise von Gerhard Schröder (Nord Stream) und Joschka Fischer (Nabucco) Krieg gegen Saddam Hussein geführt hatte, wobei er – eingestandenermaßen – vorher dem irakischen Nachher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte.
Beunruhigender ist aber, dass alles, was da in den letzten Jahrzehnten aufgebrochen ist, bereits lange vor George W. Bush gesät war.
Und wenn es einen Kulminationspunkt gibt, dann ist es das Jahr 1979 – mit zwei unheilvollen Entwicklungen, deren Folgen bis heute reichen. Zum einen begann mit der Entmachtung des Schahs und der Rückkehr von Ajatollah Chomeini aus dem französischen Exil im Iran die Islamische Revolution (schiitisch dominiert). Zu dieser Linie gehört, dass Saddam Hussein als Antagonist (Sunnit) im Irak an die Macht kommt, einen zehnjährigen Krieg gegen den Iran anzettelt, verliert und schließlich nach Kuweit marschiert, um seine Kriegskasse wieder aufzufüllen.
Eine zweite Entwicklungslinie beginnt mit dem sowjetischen Einmarsch in Afghanistan (25.12.1979), das seit 1978 von der kommunistischen Partei Afghanistans regiert wurde. Deren Annäherung an den Ostblock – insbesondere aber das Bildungs- und Säkularisierungsprogramm sowie die Entmachtung privilegierter Gruppen – führte zu einem breiten Widerstand gegen das Regime, das Moskau zu Hilfe rief. Es gründeten sich etwa 30 Mudschahedin-Widerstands-Gruppen, die ihrerseits Washington um Hilfe baten. Unter anderem bekamen sie Stinger-Raketen, mit denen sie später amerikanische Blackhawk-Hubschrauber vom Himmel holten. Bis 1988 waren die Sowjets mit 115.000 Mann in Afghanistan, mußten sich dann zurückziehen, nachdem selbst blutiger Terror gegen die Zivilbevölkerung die militärische Situation nicht mehr verbessert hatte. Der Terror der Islamischen Allianz war dem Terror der Sowjets überlegen gewesen. Das führte zu 7 Millionen Flüchtlingen und zu einem neuen Bürgerkrieg, der 1992 mit der Übergabe Kabuls an die Mudschahedin und dem darauffolgenden Sieg der Taliban in den innerafghanischen Machtkämpfen endete. Nachdem die USA und Rußland sich geeinigt hatten, keine der beteiligten Parteien mehr zu unterstützen, wurde auch die Hilfe für die Taliban eingestellt, was die Amerikaner wiederum zu deren erklärten Feinden machte, zur Gründung von Al Qaida führte und letzten Endes zu 9/11. Beide Linien zusammen genommen ergeben Golfkrieg 2+3, Krieg gegen die Taliban bis hin zur Gemengelage heute in Syrien, an der auch Obama und Putin ihren Anteil haben. Jetzt hauen die Leute verständlicherweise aus Syrien ab – und werden in Deutschland wie Rockstars empfangen. Irre Geschichte.