25. goEast vom 23.–29. April in Wiesbaden und Frankfurt

Ein Vierteljahrhundert gibt es mittlerweile dieses Festival, das ursprünglich Interesse für die Länder wecken sollte, die einst hinter dem Eisernen Vorhang den Reiz des Exotischen besaßen. Ob dies jenseits des cineastischen Fachpublikums gelungen ist, vermag ich nicht zu sagen. Fest steht jedenfalls, dass seit dem Beginn des russischen Eroberungskrieges gegen die Ukraine die ost- und mitteleuropäischen Länder wieder interessanter geworden sind. Wie reagieren nun die Filmproduktionen auf die Lage in den Nachbarländern, deren Politiker sich teils forsch, teils begütigend dem ehemaligen Hegemon gegenüber verhalten?
Das zu erkunden könnte ein guter Grund für ein Besuch des Festivals sein. Das Programm bietet jedenfalls ein weites Spektrum von aktuellen Filmen aus Ost- und Mitteleuropa, deren Drehbuchautoren sich im Gegensatz zu ihren westeuropäischen Kollegen nicht scheuen, ihre Geschichten mit einem tragischen Ende zu versehen. 14 Deutschlandpremieren konkurrieren um die Goldene Lilie für den Besten Film und den Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden für die Beste Regie sowie um zwei Kritikerpreise.
Eine Jubiläumsausgabe braucht natürlich ein Jubiläumsprogramm. Unter dem Titel »Cinema Archipelago: Back to the Future« führen deutsche Regisseure mit ihren osteuropäischen Kolleginnen sogenannte Tandemgespräche und stellen aktuelle Filme mit Osteuropa-Bezug vor. Mal sehen, was aus der interessanten Idee herauskommen wird.
Die Retrospektive ist Anastasia Lapsui (UdSSR, geb. 1944) und Markku Lehmuskallio (Finnland, geb. 1938) gewidmet. Beide sollen aus unverdienter Vergessenheit gerissen werden, leisteten sie doch Pionierarbeit mit Filmen über die indigene Bevölkerung der Arktis und die Kolonialgeschichte Sibiriens. Preisgekrönte Klassiker wie »Seven Songs from the Tundra« sowie Frühwerke und unbekanntere Arbeiten werden zu sehen sein. Durch die Kooperation mit internationalen Kinematheken hat das vom Deutschen Filminstitut & Filmmuseum (DFF) veranstaltete Festival weltweiten Zugriff auf Archivkopien. Das Filmemacher-Paar hat auch schon seine Anwesenheit in Wiesbaden und Frankfurt zugesagt.
Das Symposium nimmt unter dem Titel »Omas, Babas, Babushkas – Gender & Altern im europäischen Kino« die Auswirkungen des zunehmenden Altenanteils in der europäischen Bevölkerung und die Bedeutung fürs Kino ins Visier. Wie unterscheidet sich die Situation in West- und Osteuropa? Angekündigt sind Heerscharen von Experten aus der Gerontologie und Pflege, Filmproduktion, Finanzierung und Vertrieb sowie aus der Europäischen Filmakademie.
Das »East-West Talent Lab« kann ehemalige Teilnehmer, die später für den Europäischen Filmpreis nominiert wurden, vorweisen. Filmschaffende und Nachwuchstalente aus Mittel- und Osteuropa, werden untereinander und mit deutschem Nachwuchs vernetzt. Das von der erfahrenen Festivalexpertin Andrea Wink zusammengestellte Programm setzt auf non-fiktionalen und dokumentarischen Formate einen Schwerpunkt.

Claus Wecker / Foto: »Vika«, © jip Film
www.filmfestival-goeast.de

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