Die Geschichte spielt in einem der ärmeren Viertel Havannas. Eine Frau ist in die blutige Auseinandersetzung zwischen zwei Liebhabern verwickelt. Als ein Video darüber im Netz auftaucht, versucht sie, mit ihrem Sohn, der bei der Verwandtschaft lebt, durchzubrennen. Aber will der Sohn mit ihr zusammen sein? Die Verwandtschaft lebt nach traditionellen, religiösen Werten und ist über den ganzen Fall nicht gerade erbaut.
Der Film »La mujer salvaje – Wild Woman« von Alan González Hernández, der persönlich auch das Festival eröffnen wird, gewann in Havanna 2023 den Spezialpreis der Jury für den besten Erstlingsfilm und den Publikumspreis. Zudem wurde er auf den Festivals in Gibara/Cuba und Ceará/Brasilien als bester Film prämiert und Lola Amores als beste Darstellerin in Ceará und in Malaga ausgezeichnet. Sie verkörperte mit Yolanda eine ihren eigenen Weg suchende Frau mit großer Überzeugungskraft.
Man könnte in Yolanda eine Metapher für Cuba sehen, ein Land, das unter dem Druck des übermächtigen Nachbarn USA sich über viele Jahrzehnte zu behaupten versucht. Seine teils durch diesen Druck, teils durch das eigene sozialistische Wirtschaftssystem verursachten Notlagen bilden sich auch in den Filmen des Landes ab, die schon zu Zeiten der Sowjetunion und des Kalten Krieges erstaunlich (selbst)kritisch waren.
Kritisch mit der eigenen Gesellschaft befasst sich beispielsweise der Dokumentarfilm »Landrian« von Ernesto Daranas, der 2014 mit »Conducta« im Filmforum zu Gast war. Die Wiederentdeckung und Rehabilitierung des 2003 verstorbenen eigenwilligen und einst verfemten afrokubanischen Regisseurs Nicolas Guillén Landrian, der seinerzeit in die Mühlen des Kalten Kriegs geriet, bildet den Hintergrund dieses Porträts. Auf Cuba wird heute der sperrige Künstler wiederentdeckt und rehabilitiert. Die neue cineastische Generation hat sich den kontroversesten Filmemacher in der kubanischen Geschichte zum Vorbild genommen, und das staatliche Filminstitut ICAIC tritt als Co-Produzent auf. Im Festival werden auch die außergewöhnlichen Arbeiten des ersten afrokubanischen Regisseurs vorgestellt.
Gerade die kritische kubanische Selbstdarstellung hat nicht nur linke Filmbegeisterte hierzulande immer fasziniert und das Festival »Cuba im Film« ins Leben gerufen und bis heute am Leben erhalten. Im Höchster Filmforum wird wieder eine interessante Auswahl neuerer Filme aus dem Land zu sehen sein. Die Veranstalter um Kinoleiterin Sabine Imhof haben ein vielfältiges Programm aus Spiel-, Dokumentar-, Kurz- und Animationsfilmen sowie von bekannten und unbekannten Werken aus den Archiven der Filmgeschichte zusammengestellt.
Zum Abschluss des Festivals steigt am 23. Mai ab 21.30 Uhr in der Wunderbar eine Party, auf der zu lateinamerikanischer Musik getanzt werden kann.
29. Cuba im Film: Vom 15. bis 23. Mai im Filmforum Höchst
