Bernadette La Hengst hat einen langen Atem: Schon seit mehr als 30 Jahren ist sie da, produzierte 1986 die ersten Stücke, die sie auf Kassetten veröffentlichte, arbeitete als Schauspielerin, als Theatermusikerin, gründete 1989 in Hamburg ihre (im Jahr 2000 aufgelöste) Band Die Braut haut ins Auge, spielte bei Huah und den Mobylettes. 1998 eröffnete sie eine Booking-Agentur und ihr Plattenlabel »B.H. Recordings« – und hat schon mit ihrem 2002 veröffentlichten ersten Soloalbum gezeigt, um was es ihr geht: »Der beste Augenblick in deinem Leben« war in Musik gegossene Lust am Leben, Liebe, Lust auf Veränderung.
»Es soll weh tun, ich will den Wahnsinn funkeln sehn«, solche Sachen ruft Hengst gerne ins Publikum – damals wie heute. Bernadette La Hengst ist eine Frau mit einem Hang zur Revolution, wie sie auch auf dem sechsten Album »Wir sind die Vielen« bewiesen hat. Auf diesem begibt sie sich auf eine Klangreise durch fremde Kulturen, musiziert mit der Oud-Spielerin Youmna Saba, lässt Schlager, Indie und New Wave ganz hinter sich, um stattdessen einen eigenen Kosmos zwischen Klavierchansons, Krautrock, arabischer Musik und Pop zu entwickeln.
Auf dieser auch durch die eigene Familiengeschichte inspirierten musikalischen Reise zwischen Okzident und Orient bleibt die 1967 in Salzuflen geborene Künstlerin ihrem Wesen treu, doch ist es nicht mehr nur die Selbstermächtigung, die sie vorantreibt, sondern das Politische: »Raus aus den Komfortzonen«, sagt sie. »Rein in die Welt, lasst uns viele sein, nur so können wir gewinnen gegen Populismus, Rassismus, die Beschneidung der Kunstfreiheit, den Klimawandel, eine Welt ohne gute Musik und im besten Falle gegen den Tod.« An diesem Abend in der Brotfabrik wird sie auch ihr neues Buch »Warum ich so laut singen kann« vorstellen – eine umfangreiche, tolle Sammlung ihrer Songtexte. Ein bestimmt sehr unterhaltsamer Abend, an dem man eintaucht in das Werk dieser Ausnahme-Künstlerin. Von den Anfängen bis in die Jetzt-Zeit.
Bernadette La Hengst – Brotfabrik Frankfurt
