Vom Erlkönig und vom Wassertragen
Bisher gibt es kaum Choreografien, die den veränderten physischen Bedingungen älterer Tänzer gerecht werden, und nur wenige Kompanien, die Tänzer über 40 beschäftigen. Das im Herbst 2015 gegründete »Dance On Ensemble« hat sich genau das zur Aufgabe gemacht. In den kommenden zwei Jahren will es ein entsprechendes Repertoire schaffen und damit richtungsweisende Perspektiven für die Entfaltung und Präsentation des künstlerischen Potenzials reifer Tänzer entwickeln. Drei der sechs Mitglieder des Ensembles haben durch ihre langjährige Zusammenarbeit mit William Forsythe den Tanz im Rhein-Main-Gebiet entscheidend geprägt.
Die erste Dance-On-Produktion »7 Dialogues« stellt die Persönlichkeit der einzelnen Tänzer ins Zentrum. In Zusammenarbeit mit Dialogpartnern aus den Bereichen Theater, Bildende Kunst und Choreografie entstehen sechs individuelle Porträts, die der Komponist Matteo Fargion zu einer Gesamtkomposition verflicht. Im Sinne eines siebten Dialogs konzipiert Fargion, der dafür Schuberts »Erlkönig« auf seine Grundstruktur reduziert und damit den Rahmen für die Arbeit der sechs Tandems vorgibt, gemeinsam mit den Tänzern einen Abend, an dem man das gesamte »Dance On Ensemble« kennenlernt. Überdies ist als erste Gasttänzerin der Gruppe Jill Johnson an der Seite von Christopher Roman zu erleben. William Forsythe selbst hat für die über viele Jahre seine Produktionen als Tänzer und Co-Autoren prägenden beiden Künstler eigens ein Duett kreiert, das vorläufig den Titel »Untitled Duo (AT)« trägt.
»Water Between Three Hands« ist eine abendfüllende Choreografie von Rabih Mroué, einem in Berlin lebenden libanesischen Crossover-Künstler, und zugleich seine erste Arbeit mit Tänzern. Das Stück begreift den Körper als surrealistisches Objekt und huldigt ihm mit den Mitteln von Sprache und Bewegung. Es geht dabei um Sterben, Verschwinden, Abschiednehmen. Man verliert etwas, jemanden, sich selbst. Doch zugleich bleibt das, was verloren gegangen ist, und schreibt sich in unser Gedächtnis ein. Wir tanzen auf den Spuren eines existierenden Bildes, sammeln Fragmente, versuchen ein Ganzes zu sehen, das nicht existiert. Wir tragen Wasser, das durch unsere Hände rinnt. Wenn es keinen Anfang gibt, dann gibt es auch kein Ende, keine Grenze, keine Hierarchie. Die Formulierung »Drei Hände« weist darauf hin, dass hier eine Gruppe gemeinsam auf Erfahrungsreise geht. Die Tänzer pendeln zwischen Mikrofon und Tanzfläche und beziehen im künstlerischen Austausch auch den Schlagzeuger Philipp Danzeisen mit ein.