…. aber einer hat’s trotzdem. Liebe LeserInnen, ihr habt es gut. Wenn ihr das hier lest, wisst ihr, wer von den Frankfurter Superherren die Amtskette des Oberbürgermeisters errungen hat. Ich muss meinen Text ohne dieses Wissen abliefern, weil ein Kulturmagazin einfach keine Rücksicht auf politische Ereignisse nehmen will. Während ich nun also nicht wissen kann, wer gewonnen haben wird, weiß ich immerhin, wer verloren hat. Denn das große Debakel bei dieser OB-Wahl haben die Frankfurter Grünen erlebt. Eine Wahl verlieren kann jeder und diesem Fall jede mal, das gehört zum politischen Geschäft. Aber sich aus den Höhen eines Fukushima gestützten Kommunalwahlergebnisses in die Drittklassigkeit gewahlkampft zu haben, führte bei dem einen und der anderen schon zu erstauntem Augenreiben. Nun sind aber die Grünen ja in Opposition zu den Etablierten entstanden, haben den neuen Politikstil kreiert, und da stellt man sich dann eben auch nicht hin und gesteht einer gar nicht mehr so erstaunten Öffentlichkeit die Niederlage oder zumindest das obligatorische »Haben das Wahlziel nicht erreicht«. Nein, es wurde noch am Wahlabend fast so etwas wie Zufriedenheit signalisiert. Und so verwunderlich ist das ja nicht. Hatte man doch während des gesamten Wahlkampfes den Eindruck, die Grünen hätten gar kein so großes Interesse, ihre Kandidatin durchzubringen. Immerhin lobte der damalige grüne Fraktionsvorsitzende und nun glückselig lächelnde Bürgermeister Olaf Cunitz schon gleich nach der Präsentation des CDU Kandidaten Rhein durch Petra Roth diesen als sehr kooperativ, mit ihm hätte man immer gut zusammengearbeitet. Die Aufstellung einer eigenen Kandidatin erschien vor diesem Hintergrund dann nur noch als Pflichtaufgabe dem Grunde nach.
Ohne große innergrüne Diskussion wurde eine Kandidatin an die Wahlfront geschoben, die eigentlich nur Eingeweihten bekannt war. Obwohl es an ihrer Qualifikation keinen Zweifel gab, konnte sie so nicht wirklich zur Kandidatin grüner Herzen werden. Man mag ja über das Spektakel der sozialdemokratischen Kandidatenlese gelächelt haben, basisdemokratischer als das Auswahlverfahren der grünen Basokraten war es allemal. Man mag ja über den Coup der CDU mit vorzeitigem Rückzug und Kandidaten-Blitzpräsentation geschimpft haben, politisch war das nicht ganz ungeschickt. Man mag ja den schwarz-weiß mit Kind posierenden Boris Rhein als bescheuert empfunden haben, die konservativ-christdemokratische Zielgruppe wurde aber immerhin erreicht. Man mag über den Ikearegal-bastelnden Peter Feldmann ein Fässchen des Spotts ausgegossen haben, die Sozialdemokraten haben dann zumindest mit anderen Motiven drauf reagiert. Dem allen hielten die Grünen – immerhin zweitstärkste kommunalpolitische Kraft – ein kindlich-trotziges »und OB!« entgegen, richtig stolz auch noch auf dieses gewaltige, aussagekräftige Wortspiel. Dazu noch das Bild einer glattgezeichneten und angestrengt lächelnden Kandidatin, die einen melancholisch an die Plakatkünste früher GrünWahlkämpfe zurückdenken ließ.
Wie wenig die grüne Führungselite am Erfolg der eigenen Kandidatin interessiert war, zeigte sich dann schnell am Wahlabend, als nach lidschlaglang dauerndem Bedauern sofort die Unterstützung für einen Fremdkandidaten kundgetan wurde. Vor allem von den am eigenen Erfolg interessierten Grünfunktionären. Das hatte schon das berüchtigte Geschmäckle. Die peinliche wechselseitige Bekenntnisorgie für den einen oder anderen Restkandidaten, tat dann ihr Übriges: Grün stellte sich bei dieser OB-Wahl ins Abseits. Eigene kommunalpolitische Ziele waren nicht sichtbar. Die Grünen werden in den verbleibenden vier Jahren, gleich welcher OB über sie herrschen wird, harte inhaltliche und nicht zuletzt personelle Überzeugungsarbeit leisten müssen, um auch nur annähernd in ihre 2011er Position zurück zu kehren. Erstaunlich im Übrigen nur, wie wenig die restlichen Kandidaten der ersten Wahlrunde von der grünen Schwäche profitieren konnten.
Ach ja, fünzig Mal hab ich nun mal mehr oder weniger gemeckert. Klopf, klopf.
Jochen Vielhauer