Nun haben sie also wieder zugeschlagen, die Wächter des guten beziehungsweise des schlechten Wortes. Aus mehreren hundert Vorschlägen, die ihnen von eifrigen Bürgerinnen und Bürgern zugesandt worden waren, wählten die Gralshüter des guten Umgangstons das Unwort des Jahres wie sie es geflissentlich seit 1991 tun. Die Jury, neben einer Professorin und drei Professoren auch der Vertreter des guten linken Gewissens der Frankfurter Rundschau (ihr wisst schon …), entschieden sich für das Wort »Klimahysterie«. Sicherlich, das ist eine Wortschöpfung, mit der den Mahnern der realen Gefahr eines Klimawandels rhetorisch eins übergebraten werden soll. Das finden wir natürlich nicht gut, vor allem weil der Wortteil »Hysterie« ja nun einen miesen Beigeschmack hat, wurde er im 18. und großen Teilen des 19. Jahrhunderts doch vor allem Frauen als Merkmal einer psychischen Störung zugeschrieben. Heute wird es mehr im Sinne von übertriebener Aufgeregtheit verwendet, wobei der frauenfeindliche Aspekt bei Verwendern des Begriffs gerade angesichts der Frontfrauen Greta (weltweit) und Luisa (deutschlandweit) sicherlich auch eine Rolle spielt. Und das nicht nu(h)r bei der AFD. Aber ist es deshalb ein Unwort – wobei mir der Begriff selbst nicht wirklich klar ist. Es ist ein Wort. Und zwar ein Wort, das in einer politischen Auseinandersetzung dem Meinungsgegner an den Kopf geworfen wird. Ja und? Aber der Gebrauch dieses Wortes sagt sehr deutlich etwas über die Person aus, die es benutzt.
Viel schlimmer finde ich da jene, die scheinbar neutrale, womöglich sogar positiv besetzte Worte verwenden, um damit fragwürdigen politischen Zielen einen Heiligschein zu verpassen. Eins dieser Worte, das derzeit fröhliche Urständ feiert, ist der »Anreiz«. Als Antipode zum »Verbot« wird es im politischen Sprachgebrauch vor allem dazu verwendet, den Menschen vorzugaukeln, sie in ihrer freien Entscheidung durch kleine (oder auch größere) Leckerlies in eine bestimmte Handlungsrichtung beeinflussen zu können. Also wird dem Autokäufer ein 5000-Euro-Anreiz gegeben, um sich damit ein E-Auto zu kaufen, das dann aber wegen seiner schweren Batterien natürlich ein übergroßer Stadtpanzer wird. Der »Erfolg« solcherart Anreize ist, dass mehr SUVs als je zuvor gekauft werden (allerdings die wenigsten mit Batterieantrieb), aber auch jene geförderten hybriden Autos, die eigentlich nur die wenigste Zeit elektrisch fahren, die Hauptzeit aber stinknormal verbrennend unterwegs sind. Das wird dann als leuchtendes Beispiel der hysterischen Verbotsforderung, ab 2030 nur noch abgasfrei Auto zuzulassen, entgegengehalten. Da wird der Anreiz zwar nicht zum Unwort aber zum Unsinn. Womöglich haben die Anreizprotagonisten da auch die Politik der Firma Microsoft vor Augen: die gaben den Nutzern von Windows 7 und 8 die Möglichkeit – also den Anreiz -, kostenlos auf Windows 10 umzusteigen. Hat aber bei mehr als einem Viertel der Windowsbenutzer nix geholfen, die sind bei der 7er Version geblieben. Und was macht man dann? Nein, kein Verbot, geht ja auch gar nicht. Man stellt einfach den Support ein, gibt das System den Hackern frei. Und schon entsteht Panik. Daran sollten sich die Anreizpolitiker mal ein Beispiel nehmen.
Aber ganz komme ich an meinem Lieblingsthema »Verbote« doch nicht vorbei, ist es doch zwangsläufig mit dem »Anreiz« verbunden. Wer – wie allen voran der Freigeist Lindner – staatliche Regulierungen, die ihm nicht passen, mit einem negativ besetzten Wort »Verbot« diskreditieren, gibt all jenen, die sich über Verbote wie z.B. der Gewaltausübung gegen Minderheiten hinwegsetzen, den ideologischen Ritterschlag.