Das Duell der Dichter
Ausblick Staatstheater Mainz: Die Büchner-Novelle Lenz feiert am Donnerstag (30. Oktober) als Drama Premiere
Darauf hätten wir nicht gewettet! Dass es nämlich nach dem Bühnenjubiläumsmarathon um Georg Büchner 2013/2014 (200 Jahre geboren/155 Jahre tot) auf absehbare Zeit noch neue Inszenierungen aus dem doch sehr übersichtlichen Werk des Goddelauers geben würde! Gibt es aber. In Mainz, wo sich der neue Hausregisseur K. D. Schmidt die grandiose Novelle Lenz vorgeknüpft hat, eine hochliterarische psychologisch-medizinische Fallstudie Büchners über den aus dem damaligen Livland (heute Baltikum) kommenden schizoiden Poeten Michael Reinhold Lenz, der an Goethes Omnipräsenz, am eigenen Genie und an der fehlender Anerkennung verzweifelte.
Büchner, der als Verfasser des Hessischen Landboten gesucht wurde, stieß auf seiner Flucht in Straßburg auf einen Bericht des Pfarrers und Sozialreformers Johann Friedrich Oberlin von einem 20-tägigen Aufenthalt des unter zunehmenden Wahnzuständen leidenden Dichters in seinem Haus im elsässischen Steintal im Jahr 1776. Aus dem seelsorgerischen Befund machte Büchner Weltliteratur. Der Regisseur geht davon aus, dass Büchner seine eigene Zerrissenheit in der von Lenz wiedergespiegelt fand und die Novelle aus dieser Affinität heraus quasi als Selbsttherapie verfasste: »Er hat sich Lenz vom Leibe geschrieben«, meint Schmidt.
Die Inszenierung soll das dramatische innere Ringen des Autors als monumentalen geistigen Zweikampf zwischen Büchner und Lenz präsentieren und wird darum, ohne dass es für die Dramatisierung zusätzlicher Texte bedürfte hätte, auch mit beiden Figuren besetzt. Mit Clemens Dönicke als Lenz und Daniel Friedl als Büchner. Um die Naturkulisse der Vogesen räumlich spüren zu lassen, wird das Stück auf der mit einem fünf Meter hohen Klettergerüst bestückten Vorbühne des turmhohen großen Saals platziert.