Staatstheater Wiesbaden: Die bessere Hälfte

Staatstheater Wiesbaden: Die bessere Hälfte (Foto: C. Kaufhold)Käse-Igel zum Eheknatsch

Eigentlich haben es die Fosters, Phillips und Featherstones auch so schon schwer. Jede der drei Ehen in Alan Ayckbourns Komödie »Die bessere Hälfte« wirft schon für sich die Frage auf, wie die Paarhälften es nur miteinander aushalten. Narziss und Schaufrau, Macho-Man und Transuse, die Neurose und der Streber. Dass es in solchen Konstellationen zu temporären Bettfluchten kommt, ist logisch und vielleicht sogar stabilisierend. Als Modus vivendi wird das heimliche Fremdgehen aber auch zur riskanten Strapaze. Und zur Quelle von bühnenreifen Verwicklungen. Seit 45 Jahren in diesem Fall.

Fiona Foster und Bob Phillips treiben es miteinander, die ehegelangweilte, attraktive Grande Dame des selbstgefälligen Abteilungschefs und sein junger Mitarbeiter. Am Morgen danach von den Partnern über den langen Vorabend zur Rede gestellt, schützt Bob den neuen Kollegen William Featherstone vor und Liona dessen Frau Mary, was den Partner jeweils auf den Gedanken bringt, diese netten Menschen doch zum Abendessen zu laden, die einen donnerstags, die anderen freitags.

Das Publikum sitzt bei Drinks, Gebäck und Käse-Igeln mit Maraschino-Kirschen hautnah am Geschehen. Eingebettet ließe sich die von Zuschauerreihen umstellte zweihälftige Bühne mit Nierentischen und spreizbeinigen Cocktailsesseln nennen, deren eine Forster-Seite von der Mondscheinsonate berieselt wird, während in der anderen bei den Phillips »I got You Babe« von Sony & Cher dröhnt. Die beiden Dinner werden durch einen bühnentechnischen Trick simultan an über Kreuz gestellten Tischen serviert. Dabei genügt den Featherstones eine halbe Drehung, um bei selbstredend fortlaufendem Gespräch von taktendem Licht effektvoll unterstützt hin und her und her und hin zu wechseln: aus dem Grün bei Eintopf und Dosenbier im kleinbürgerlichen Haushalt der streitenden Phillips ins stilvolle Rot im Gourmet-Ambiente der parlierenden Fosters. Und zurück. Weit davon entfernt, sich auf dialogische Finessen zu beschränken, ufert die Tafelrunde in handfeste Wohnzimmermaterialschlachten aus, bei der auch eine Flasche auf Teresas Schädel zerbirst. Es ist schrill, es ist schräg, es ist zum Schreien.

Carola Stolz hat die großartig choreografierte Beziehungsfarce ohne Scheu vor Klamauk und mit viel Fingerspitzengefühl für die Charaktere inszeniert, die ihren bis in die Details anspruchsvollen Parcours in hohem Tempo beeindruckend bewältigen. Ob Wolfgang Böhms Frank wirklich so wenig kapiert, wie Fiona (souverän in Rot: Evelyn Faber) glaubt, steht erst ganz zum Schluss in Zweifel, als Teresa (starke Gastgeberin: Franziska Werner) seine Frage nach dem Befinden ihres Kindes mit »ganz der Vater« beantwortet. In der Rolle des etwas unzeitgemäßen Grobians Bob hat es Nils Kreutinger wohl am schwersten. Dagegen gewinnt Magdalena Höfners göttliche Mary von Katastrophe zu Katastrophe dermaßen an Kontur, dass man darauf wetten kann, wie lange die Exklusivrechte, deren sich ihr hilflos tyrannisch reagierender Gatte (Fabian Stromberger) sicher wähnt, wohl noch halten. Beste Unterhaltung und Bauchweh vor Lachen.

gt
Termine: 20., 28. Februar, jeweils 20 Uhr
www.staatsheater-wiesbaden.de

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