17 Mädchen (Start: 14.6.2012)

17 MädchenMein Bauch gehört mir

»17 Mädchen« von Delphine und Muriel Coulin

 
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Schwangerschaft als Selbstermächtigung: In einer französischen Kleinstadt entscheiden sich 17 Mädchen dafür und träumen von einem gemeinsamen Leben in Unabhängigkeit von den Eltern.

Camille ist schwanger. Ungewollt aber nicht unglücklich. Der Vater des Kindes spielt für sie keine Rolle, einzig der Gedanke an einen schutzbedürftigen Menschen, der sie bedingungslos liebt, zählt für sie und der feste Vorsatz, alles besser zu machen als ihre eigene Mutter. Sie ist sicher, selbstbewußt und in ihrem Freundeskreis eine Art Führerfigur. Die Hoffnung mit dem Kind, das ihr niemand nehmen kann, ein neues, selbstbestimmtes Leben beginnen zu können, ohne die belehrenden Einwürfe der Eltern, den ständigen Ermahnungen, Ordnung zu halten und abends zu einer bestimmten Zeit zu Hause zu sein, ist so ansprechend, daß, eins nach dem anderen, schließlich 17 Mädchen dazu bereit sind, schwanger zu werden. Alle an einer Schule, alle um die 16 Jahre alt. Denn ein französisches Gesetz besagt, daß niemand unter 18 zu einer Abtreibung gezwungen werden kann.

Was aus diesem Traum nun wird, das zeigen die Geschwister Delphine und Muriel Coulin in ihrem tragikomischen Film auf bestechende Weise. Der Fall beruht auf einer wahren Geschichte. In Gloucester in Oregon wurden 17 Mädchen fast gleichzeitig schwanger. Sie besuchten dieselbe Schule und gaben zu, einen Schwangerschaftspakt geschlossen zu haben. Diese Wahrheit ist hier ausnahmsweise einmal wirklich bedeutend, denn sonst hätte man über die Absurdität der Konstruktion reden müssen, über die Idee, daß eine Schwangerschaft jungen Mädchen als Mittel der Selbstermächtigung taugte.

Delphine und Muriel Coulin gehen in ihrem Spielfilmerstling ungeheuer feinfühlig vor. Anstatt zu erklären, beobachten sie die Mädchen, die sich hemmungslos betrinken, kiffen und rauchen, als wäre die Schwangerschaft ein Freibrief und keine Verpflichtung. Aber sie zeigen sie auch mit einem ängstlichen, fast waidwunden Blick beim Ultraschall, in dem Moment, wo das neue Leben sich regt und klar wird, daß es hier um mehr geht als persönlichen Spaß. Sie halten sich mit individuellen Charakterisierungen zurück, betrachten die Mädchen als Gruppe, so daß man kaum weiß, wer neben Camille die zweitwichtigste ist.17 Mädchen

»17 Mädchen« ist neben der Dokumentation eines merkwürdigen Falles eine feine Parabel auf den Wunsch, schneller erwachsen zu werden, als es Körper und Geist vorsehen. Und er ist eher von Verständnis getragen als von Empörung oder Ablehnung.

Ulrich Sonnenschein
 
17 MÄDCHEN (17 filles)
von Delphine Coulin u. Muriel Coulin, F 2011, 90 Min.mit Louise Grinberg, Juliette Darche, Roxane Duran, Esther Garrel, Yara Pilartz, Solène Rigot
Drama
Start: 14.06.2012

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