Chronicle – Wozu bist du fähig? (Start: 19.4.2012)

»Chronicle - Wozu bist du fähig?« - Start: 19.4.2012Supermans Albtraum

»Chronicle – Wozu bist du fähig?« von Josh Trank

Ab sofort will Andrew sein Leben mit einer Videokamera dokumentieren. Das ruft er seinem Vater zu, der aggressiv an die abgeschlossene Tür seines Zimmers pocht und Einlaß begehrt. Daraufhin hat der Sohn erst einmal Ruhe.

Andrew, vom Theaterschauspieler Dane DeHaan gespielt, der wie ein Wiedergänger des jungen Leonardo diCaprio ausschaut und sich anhört, ist ein Underdog, wie er im Buche steht: von seinen Mitschülern auf der High School gemobbt, von seinem Vater, einem gewalttätigen Trunkenbold, geschlagen – nur seine todkranke Mutter liebt ihn. Und er hat in seinem Cousin Matt (Alex Russell) einen treuen Freund. Die beiden entdecken zusammen mit ihrem Kumpel Steve (Michael B. Jordan) auf einer Lichtung im Nirgendwo einen geheimnisvollen Krater. Halb steigen, halb fallen sie hinab, bis sie eine merkwürdig leuchtende kristalline Substanz finden. Fortan besitzen die drei übernatürliche Kräfte, sie können Gegenstände, harmlose Legosteine zunächst, kraft ihrer Gedanken bewegen, und bald auch sich selbst. Sie können fliegen, und sie setzen ihre Kräfte nicht dafür ein, die Welt zu retten, sondern um ihren Spaß zu haben. Das alles sehen wir durch Andrews Kameraauge. Zwölf Jahre sind seit dem Erscheinen des Horrorfilms »Blair Witch Project« vergangen. »Chronicle - Wozu bist du fähig?« - Start: 19.4.2012Damals war das Dokumentieren per Videokamera noch etwas Besonderes, mittlerweile ist es zum Volkssport geworden, wichtige und unwichtige Augenblicke im Bild festzuhalten. In jedem Smartphone ist eine Kamera installiert, kleine Filme werden im Internet hochgeladen. »Wir leben in einer Zeit, in der jeder alles filmisch festhalten kann. Die heutige Generation definiert sich so«, hat Regisseur Josh Trank dazu in einem Interview gesagt. Trank hat Erfahrung mit dem Netz. Sein Kurzfilm »Stabbing at Leia’s 22nd Birthday« wurde über zehn Millionen Mal angeklickt. In seinem ersten Spielfilm »Chronicle« ist die Handkamera ein Stilmittel, die eine haarsträubende Superman-Story unmittelbar und glaubwürdig erscheinen zu lassen. Auch wenn er nicht immer konsequent die Perspektive von Andrews Handkamera durchhält, wenn Kameramann Matthew Jensen oft gar zu ausgesuchte Bilder liefert, kann man das dem Film vorwerfen, andererseits steigert dies die Attraktivität für den Zuschauer. Doch dieser außergewöhnliche Film bleibt nicht bei den Effekten, die er vor allem im letzten Drittel dem Publikum ausgiebig vorführt. Trotz aller Polizeiautos und Autobusse, die durch die Luft fliegen – es scheint so, als würde im Finale halb Seattle zerlegt – geht es im Kern um eine verletzte Kinderseele, die mit übernatürlichen Kräften nicht zurechtkommt. Es ist ein klassisches Motiv, das uns Josh Trank und sein Drehbuchautor Max Landis vorführen. Die Unzulänglichkeit des Helden, die in den Spider-Man-Filmen schon thematisiert wird, ist in »Chronicle« bis zum Exzess ausgeführt. Da hilft auch kein Schopenhauer, den der intelligente Matt anführt, und Matts Regeln im Umgang mit den Superkräften werden am Ende zu Makulatur. Zu erleben, wie »Chronicle« das vorführt, ist allemal einen Kinobesuch wert.

Claus Wecker

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CHRONICLE – WOZU BIST DU FÄHIG? (Chronicle)
von Josh Trank, USA 2012, 84 Min.
mit Dane DeHaan, Alex Russell,
Michael B. Jordan, Michael Kelly,
Ashley Hinshaw, Bo Petersen
Sci-Fi-Drama
Start: 19.04.2012

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