Der Skulpturenpark in Eschborn-Niederhöchstadt bietet beeindruckende Kunst im öffentlichen Raum

Schulen, Theater, Museen geschlossen. Trotzdem findet Kunst statt. So manche Kunstmacher sind erfinderisch. Sie zeigen ihre Kunst auf diversen Social-Media-Kanälen. Virtuelle Rundgänge durch menschenleere Ausstellungen, Livegespräche mit Künstlern auf einschlägigen Plattformen etc. Dabei lässt sich bildende Kunst in Zeiten von Corona durchaus auch analog entdecken. Zum Beispiel im Skulpturenpark Eschborn-Niederhöchstadt.

Im Jahr 2010 von der Garten- und Landschaftsarchitektin Hildegunde Henrich gestaltet, ist hier zwischen den Silhouetten der Frankfurter Skyline und dem Taunus im Laufe der Jahre ein unverwechselbarer Ort entstanden. Eine großzügige Parkanlage mit Rasen- und Wiesenflächen ermöglicht dem Besucher – ohne Mundschutz und mit genügend vorhandenem Abstand – Kunst unter freiem Himmel zu genießen, in die Welt der dreidimensionalen Kunst einzutauchen und gleichzeitig einen Dialog mit der Natur zu führen. Unter dem Motto Kunst im öffentlichen Raum finden hier wie im gesamten Stadtgebiet von Eschborn und Niederhöchstadt dauerhaft erworbene Werke internationaler wie auch regionaler Kunstschaffender ihren Platz.
Erstlingswerk war die Skulpturengruppe »Das Versprechen« des Bildhauers Stephan Gruber. Aus massiven, überdimensionalen Eichenstämmen arbeitete er mit der Kettensäge menschliche Figuren heraus. Im Jahr 2012 wurde der von dem Künstlerpaar Livia Kubach und Michael Kropp geschaffene »Stein des Lichts« aufgestellt. Und die im Rahmen der Blickachsen 9 aufgestellte Skulptur »Untitled (Installation #56)« der niederländischen Künstlerin Hanneke Beaumont ist seit 2013 im Park beheimatet. Zwei lebensgroße Figuren, die auf voneinander abgewandten Bänken sitzen. Seit 2016 ist die Skulptur »Inside« des Berliner Bildhauers Axel Anklam Teil des Skulpturenparks. Ein organisches, schwingendes Gebilde aus Edelstahl und Edelstahlnetzen, von Licht und Raum durchdrungen. Während der Blickachsen 11 im Jahr 2017 avancierte die dreiteilige Skulpturengruppe »A & E Monkey« von Laura Ford zum Publikumsliebling: Auf einer Mauer thronend überblicken die bekannten drei Affen den Park. Arm, Kopf und Bein jeder Figur ist hier bandagiert. Symbole für Armut und Obdachlosigkeit, Verletzung, Gewalt und Krieg, so die Interpretation der Künstlerin. 2018 kaufte die Stadt die Skulpturengruppe »Die Schlucht« der Leipziger Bildhauerin Dana Meyer: Voller Dynamik springen Antilopen aus Stahl durch die Landschaft.

Temporäre Sommerausstellungen ergänzen die dauerhaft installierten Werke. In diesem Jahr sind es Arbeiten aus »Bricks and Stones« der beiden deutschen Bildhauer Reiner Seliger und Thomas Reifferscheid. Reiner Seliger zeigt im Skulpturenpark und in der Galerie im Rathaus seine außergewöhnlichen, Ziegelsteinskulpturen: abstrakte geometrische Formen wie Kegel und Kugeln unterschiedlicher Größen. Die architektonisch anmutenden Formen zeigen eine starke physische wie auch meditative Präsenz. Sie sollen Stimmigkeit mit der Landschaft und dem Raum erzielen. All seine Werke entstehen aus Bruchmaterialen, wie hier aus Ziegeln, andernorts aus Marmor, Kreide, Glas und Acryl. Reiner Seliger interessiert der natürliche Charakter des Materials, das zugleich Bedeutungsträger für die von ihm beabsichtigte Botschaft ist. Die Arbeiten des 1943 im schlesischen Löwenberg geborenen Künstlers, der in Freiburg und Castello di Montefioralle (Toskana) lebt und arbeitet, sind in zahlreichen öffentlichen Sammlungen deutschlandweit und international vertreten.
Thomas Reifferscheid bearbeitet harte Gesteine wie Basalt, Granit und Gneis. Er liebt die Auseinandersetzung mit seinem Gegenüber, dem Widerstand, den das Material leistet. Es kommt ihm nicht auf das Umsetzen von fertigen Ideen und Konzepten an. Wichtiger ist ihm das Hören, Wahrnehmen und Freilegen dessen, was im Material und der jeweiligen Situation verborgen ist. »Ich arbeite mich ab an dem Gestein, bin immer auf der Suche nach dem Kern und dem Verborgenen, einer sinnlichen Erlösung«, offenbart der Künstler. Seine Skulpturen erinnern zwar an architektonische Themen und Formen wie Tor, Säule und Kubus, doch sie entstehen immer als Ausdruck einer Poesie, die sich aus Struktur, Farbigkeit des Steins, konvexer und konkaver Kommunikation miteinander, Licht, Schatten und Durchblicken sowie dem jeweiligen Standort bildet. 1962 in Bochum geboren, lebt und arbeitet Thomas Reifferscheid in Köln und Berlin. Seine Skulpturen schmücken inzwischen öffentliche Räume in Deutschland und Europa.

Posthum sei dem berühmten britischen Bildhauer Henry Moore und dem deutschen Architekten und Gründer des Bauhauses Walter Gropius gedankt! Sie präsentierten bereits in den 1950er Jahren moderne Kunst im Freien. Denn die monumentalen Skulpturen forderten mehr Raum. Auch ihre beeindruckende Wirkung in Verbindung mit Topografie und Vegetation überzeugte. Landschaft wurde somit zur Inspirationsquelle für Künstler und gleichzeitig ein Ort für Kunst und Natur, für kulturelle Veranstaltungen und ein Ort für Erholung und Muße. So auch der Skulpturenpark Eschborn-Niederhöchstadt nahe Frankfurt am Main.

Anne Kaben (Foto: Skulptur Winkel, © Sammlung Reifferscheid Presse)

täglich geöffnet, freizugänglich
Ausstellung »Bricks and Stones«
bis 11. Oktober 2020
www.eschborn.de

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