Kunstliebhaber haben die Möglichkeit, bis zum 18. April 2020 die Skulpturen des 64jährigen spanischen Künstlers Jaume Plensa zu bewundern. Er zählt zu den herausragendsten zeitgenössischen Bildhauern. Seine Skulpturen und Installationen werden in großen Museumsausstellungen der Welt gezeigt. Mehr als 50 dauerhafte Außenraumprojekte stehen auf öffentlichen Plätzen rund um den Globus. U.a. die überdimensionale Buchstabenfigur »Body of Knowledge« auf dem Universitätscampus Westend in Frankfurt am Main.
Worum geht es Jaume Plensa mit seinen Arbeiten? Der Künstler ist ein Verehrer des großen Literaten und Nobelpreisträgers Elias Canetti. Dieser sagte einmal: »Das Geheimnis ist die versteckte Seite der Dinge«. Plensa vermittelt mit seinen Kunstwerken philosophische Botschaften, die grundlegende Erfahrungen des Lebens, Sinn- und Gefühlszustände, Innen- und Außenwelt berühren. Ein Prozess, der durch die subtile Lichtgestaltung und die Stille der Ausstellungsräume unterstrichen wird.
Die ehemaligen Kirchenräume der Bad Homburger Jakobskirche, umgebaut von dem Galeristen und Kurator der Skulpturenbiennale Blickachsen Christian K. Scheffel, entsprechen perfekt dem Anliegen des Künstlers. Plensa, der immer ortsspezifisch arbeitet, erspürt die Verhältnisse des jeweiligen Umfeldes und integriert sie in seine Kunstwerke. Auch hier ist es dem Künstler gelungen, mit der spirituellen und poetischen Aussagekraft seiner Arbeiten nicht nur die ehemaligen sakralen Räume zu durchdringen. Seine Werke animieren zudem den Besucher, sich mit ihnen und sich selbst auf einen Dialog einzulassen. In einer monologisierenden Gesellschaft inzwischen ein rares Gut!
Plensas Skulpturen/Installationen aus Edelstahl, Bronze, Marmor oder Alabaster unterschiedlicher Formate üben stets eine große Anziehungskraft aus. In dieser Ausstellung empfangen den Besucher drei kleine, zarte Frauenköpfe aus Bronze mit dem Titel »Who are you?« Unweigerlich erinnern sie im ersten Augenblick an das bekannte »Drei-Affen-Motiv« (nichts sehen, nichts hören, nichts sagen). Diese Deutung wäre jedoch nicht im Sinne des Künstlers. Im Gegenteil. Sein Darstellungsmodus, wie es die Gitterfigur »Korea‘s Soul« sowie alle anderen Exponate zeigen, will immer das Vergeistigte und Immaterielle zum Ausdruck bringen. Im Hauptraum sind es zwei vier Meter hohe Köpfe aus netzartigem Edelstahlgeflecht, die miteinander in aller Stille zu kommunizieren scheinen. Bewacht oder beschützt von der voluminösen Skulptur »Double Roots«, die die globale Verbundenheit der Menschheit ausdrücken soll. Die vier großen Bronzeköpfe im nächsten Raum wirken in sich gekehrt, der Welt entrückt und doch voller energetischer Gedankenkraft. Die Köpfe sind gestreckt, die Augen geschlossen, und ihr Gesichtsausdruck ist ernst. Der Künstler spielt mit den Proportionen wie mit dem Material und verleiht damit den Gesichtern einen Hauch von Spiritualität, der ihr Innerstes zu spiegeln scheint. Jaume Plensa entwickelt unterschiedliche Kommunikations- und Darstellungsformen und arbeitet mit verschiedenen Materialien, jedoch immer mit einem Ziel: Menschen zusammenzubringen. Dafür stehen insbesondere seine zahlreichen, auf der ganzen Welt verteilten Skulpturen aus Buchstaben, Schriftzeichen und ganzen Sätzen, die eine dichte, jedoch durchlässige Gitterstruktur bilden. Eine wunderbare Metapher, unterschiedliche Kulturen zu verbinden!
Der Direktor der Kunstsammlungen und Museen Augsburg formuliert es so: »Allen Werken gemeinsam ist und bleibt die Suche nach dem menschlichen Sein und dem Wesen des Geistigen. Damit zählt Jaume Plensa zweifelsohne zu den großen Künstlern unseres Jahrhunderts, mit dem zu beschäftigen es sich lohnt«.