exground filmfest 37 Vom 15. bis zum 24.11. in Wiesbaden

Mit einer Neuheit wartet das Wiebadener Filmfestival in diesem Jahr auf: Statt Länderschwerpunkt ist »Flucht und Vertreibung« das Thema des traditionellen exground-Focus. Nicht ein Land wird in den Vordergrund gestellt, sondern den globalen Problemen soll ein intensiver Blick gelten. Und von denen gibt es ja eine ganze Menge: Klimawandel, Kriege, Hungersnöte, Verfolgung, Korruption etc. Ob sich die Filme dann tatsächlich jenseits einfacher Antworten mit ihren Themen auseinandersetzen, wird man sehen. Parallel dazu laufen auch wieder die exground youth days vom 16. bis zum 20. November.
Der Eröffnungsfilm »The Story of Souleymane« (F 2024, Regie: Boris Lojkine) stammt aus dem Focusprogramm. Der Film handelt von dem Geflüchteten Souleymane, der sich als Fahrradkurier in Paris unter widrigen Bedingungen durchschlagen muss.
In »My Father’s Prison« (CZ/Venezuela 2023) erzählt ein im Berliner Exil lebender Filmemacher mithilfe von Videoaufnahmen die Geschichte seines Vaters, der als Polizeichef von Caracas zu 30 Jahren im schlimmen Gefängnis El Helicoide verurteilt wurde. Als die Haftstrafe nach langer Zeit und infolge internationalen Drucks in Hausarrest umgewandelt wird, plant die Familie eine aufsehenerregende Flucht.
»Song of All Ends« (F 2024) von Giovanni C. Lorusso zeigt poetische Alltagsbilder aus dem Schatila-Camp in Beirut, das 1949 für vertriebene Palästinenser errichtet wurde und durch das Massaker von 1982 berühmt wurde. Seit der verheerenden Hafenexplosion im Jahre 2020 trauert die Familie Alhaddad um das verstorbene Mädchen Houda. Zwei Jahre lang besuchte der Italiener Lorusso diesen Ort und schuf eine stille, fiktional angereicherte Dokumentation.
Cyrielle Raingous »The Specter of Boko Haram« (F/CDN 2023) zeigt die Grenzregion zwischen Kamerun und Nigeria, die von der islamistischen Boko Haram terrorisiert wird und dennoch Zufluchtsort vieler Menschen geworden ist. Militär patrouilliert in den Straßen. Den Brüdern Ibrahim und Mohamad fällt es schwer, sich nach den Erlebnissen als Kindersoldaten auf die Schulroutine einzulassen. Cyrielle Raingou gelingt in ihrem Debütfilm eine behutsame Momentaufnahme von traumatisierten Kindern, die dennoch voller Lebensfreude sind.
Oksana Karpovychs »Intercepted« (CDN/F/Ukraine 2024) nimmt das Publikum mit in den Krieg in der Ukraine. Man hört russische Stimmen, den Beginn einer Reihe von Telefonaten zwischen russischen Soldaten und ihren Familien. Kombiniert mit den oft tableauhaften Aufnahmen zerstörter ukrainischer Orte, entsteht eine gespenstische Reibungsfläche.
Die Sonntagsmatinee bildet am 24. November um 12 Uhr den Abschluss des Themenfocus mit der Dokumentation »Hold on to Her« (B 2024) über einen Vorfall 2018 in Belgien. Ein Transporter mit fliehenden Menschen wurde von der Polizei beschossen. Die zweijährige Mawda Shawri starb. Regisseur Robin Vanbesien gibt zusammen mit Aktivisten der kleinen Mawda eine Stimme.
Neben den Filmvorführungen in der Caligari FilmBühne und im Murnau-Filmtheater ist im Murnau-Filmtheater die mehrfach ausgezeichnete Wanderfoto-Ausstellung »Schau mich an – Gesicht einer Flucht« und im Nassauischen Kunstverein Wiesbaden vom 31. Oktober 2024 bis zum 16. Februar 2025 Videokunst von der Fluxus-Stipendiatin Maja Smrekar zu sehen. In der Krypta der Marktkirche findet am Sonntag, 17. November, um 16.30 Uhr ein Vortrag über die zivile Seenotrettung mit Hennes Grossmann und Mirjam Reininger statt. Am Samstag, 23. November, ist um 15 Uhr im Murnau-Filmtheater ein Panel zum Thema Flucht und Vertreibung angekündigt.

cw / Foto: »The Story of Souleymane«
Info: https://exground.com

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