Die Gastspiele internationaler Tanzkompagnien sind ein (wunderbarer) Trost für den Verlust der eigenen Ballettensembles an den Staatstheatern Wiesbaden und Darmstadt und gehören zum Konzept des 2014 gegründeten Hessischen Staatsballetts. Ob Darmstadt davon etwas mehr profitiert? Beim Festival »Fokus Korea«, das die Reihe »Das Hessische Staatsballett lädt ein« fortschreibt, muss man nicht groß rechnen. In Wiesbaden wird nur die Choreografie »Let me change your name« von Eun-Me Ahn zu sehen sein, in Darmstadt neben dieser vier weitere der Kompagnien: Art Project Bora, Goblin Party, Noname Sosu und Melancholy Dance Company.
Eun-Me Ahn hat in Darmstadt vor gut zwei Jahren mit den »Dancing Grandmothers« Station gemacht. Mit einem Filmteam nahm die Künstlerin auf einer Reise durch ihr Land tanzende alte Frauen auf. Auf ihrer Tournee trat sie mit ihrem jungen Ensemble in einen Dialog mit diesen Bildern, aber auch einigen der gefilmten Tänzerinnen traten dabei auf. Auch in der 2006 kreierten Arbeit »Let me change your name« tritt Eun-Me Ahn persönlich auf. Angekündigt wird ein knallbunter Reigen um »Identität und Identitätswechsel«. Dabei fängt das Spektakel düster und langsam an. Mit schwarz gewandeten Tänzern und Tänzerinnen, die sich wie auf einer Prozession im Schneckengang bewegen, bevor sich Farbe, Musik und Bewegung Bahn brechen.
Hohe Intensität zeichnet auch Bora Kims Choreografie »Tail Language« aus, die in einer ganz in Weiß getauchten Landschaft auf die Bewegungssprache von Katzen rekurriert: mit Anmut und Grazie, mit Geschmeidigkeit und einer geballten Energie, die urplötzlich zu explodieren vermag. Die Demonstration der tierischen Körpersprache wird zum Versuch, die Grenzen der sozialen Kommunikation und ihrer oberflächlichen Beziehungen zu überschreiten.
Die zweite Arbeit des Art Project Bora ist – mit hohem Sprachanteil – das sehr persönliche Solo »A Long Talk to Oneself«: eine fiktive Lebens-Verausgabung in Bild und Bewegung. Präsentiert wird sie zusammen mit dem Solo »Silentium« (Noname Sosu) und mit »Flight« (Melancholy Dance Company). In ersterem geht der Choreograf Choi Young-hyun seinen Körperstrukturen nach und den ständigen Bewegungen und Veränderungen, denen diese unterworfen sind. Im atemraubenden Tanzduett »Flight« wird die Erfahrung gemacht, dass niemand seine Ziele allein zu erreichen vermag, schon gar nicht im Flug.