Nach gefühlt unendlichen Querelen mit dem Vorgänger-Intendanten startete das Staatstheater Wiesbaden nun mit einer selbstbewussten Doppelspitze: Dorothea Hartmann und Beate Heine (wir berichteten). Beide bringen enorme Theater- bzw. Opernerfahrungen großer Institutionen wie der Deutschen Oper Berlin, dem Nationaltheater Mannheim, der Hamburger Staatsoper mit und, so Dorothea Hartmann, »starten prall« in Wiesbaden mit gleich sieben Premieren (György Ligetis skurriles Weltuntergangs-Szenario »Le Grand Macabre« ging bereits im September erfolgreich über die Bühne). Einige dieser Premieren werden Bestandteil der Internationalen Maifestspiele vom 1. bis 31. Mai 2025 sein, die eine Tradition von 125 Jahren hinter sich haben und mit 55 unterschiedlichsten Veranstaltungen aufwarten.
Das Spektrum reicht von großen Opern (Gastspiele, natürlich auch mit großen Solist*innen), Schauspiel- (Ur)Aufführungen, Workshops, Familien- und Kinderprogrammen bis zu Tanzdarbietungen. Dabei werden nicht nur die Bühnen des Staatstheaters Ort des Geschehens sein, sondern auch das Literaturhaus, die Caligari FilmBühne oder das Museum Ernst. Eröffnet wird das Festival am 2.5. mit Georges Bizets selten gespielter Oper »Die Perlenfischer« und mit Stargast Elena Tsallagova, die von den Opernhäusern in München und Berlin beginnend, mittlerweile Weltkarriere macht. Das belgische Regie-Kollektiv FC Bergman verlegt die Handlung von ursprünglich einem Fischerdorf auf Ceylon in ein Altersheim (man darf gespannt sein).
Die zweite Aufführung dieses musikalischen Eifersuchtsdramas um die schöne Tempelpriesterin Leila und ihre Jugendfreunde Zurga und Nadir wird auch als Live-Stream auf die Open-Air-Bühne übertragen.
Wie überhaupt die Maifestspiele, so die Intendantinnen, sich mehr zur Stadt hin öffnen und mit dem Publikum vor Ort zusammenbringen – und somit das »Internationale« der Veranstaltungen aus dem elitären Kontext herausnehmen wollen.
Einige Gastspiele fallen aus dem Rahmen: so wird der grandiose (aus Frankfurt vor vielen Jahren leider nach Dresden wegkomplimentierte Choreograph) William Forsythe im Museum Ernst verschiedene tänzerische Ausdrucksformen wie Hip-Hop, Volkstanz oder klassisches Ballett miteinander in Beziehung bringen.
Der Tenor Nicky Spence, der den Part des Florestan in Beethovens Oper »Fidelio« übernimmt, wird am 2.5. ab 17 Uhr im Park am Warmen Damm jedermann/frau zum Mitsingen einladen nach dem Motto »Anyone Can Sing«: ein Hauch der Atmosphäre des Londoner Hyde Park in Wiesbaden.
Theater aus Bratislava (6.5. Utopia is now), Ungarn (17.5. Paralax – eine Inszenierung über Identität in Zeiten von Antisemitismus, Rassismus und Queerfeindlichkeit) oder ein Benefizkonzert »Memento Odesa« (29.5.) des Kammerorchesters der Ukrainischen Philharmonie machen sicht- und hörbar, was derzeit weltweit mehr und mehr aus den Fugen zu geraten scheint.
Vom 5. bis 12.5. wird es die Jungen Festspiele geben: »Horizonte erweitern, Begegnungen schaffen und Herzen öffnen«. Interaktive Konzerte, Tanzveranstaltungen für Kinder und Erwachsene jeden Alters, ein Schattentheater und eine Szenische Lesung samt Literaturwettbewerb oder eine magische Show der Berliner Magier »Siegfried und Joy« zählen zu den Highlights dieses jungen Festival Formats.
Ein Gastspiel des Wiener Burgtheaters (Hamlet), eine Zeitreise (Time Travel) mit der faszinierenden Berliner »lautten compagney«, eine »Note Morricone« mit Choreographien der Filmmusiklegende Ennio Morricone, ein »Tribute to Frank Sinatra« mit Opernstar Lucio Gallo, der in der Wiesbadener »Tosca« von Giacomo Puccini den Scarpia übernimmt – das alles und noch viel mehr haben die »Internationalen Maifestspiele« in ihrem Füllhorn. Zu Preisen, die sich am letzten Festival orientieren und nicht unerschwinglich sind.
Glanz und Glamour in Wiesbaden
