Erinnerungsarbeit ist zwar untrennbar mit Museumsarbeit verbunden. Im Historischen Museum Frankfurt wird sie jetzt allerdings besonders groß geschrieben; in Mats Staubs Videoreihe »21 – Erinnerung an das Erwachsenwerden« und auch im Projekt »Orte der Jugend». Beide Ausstellungen sind artverwandt und eröffnen am selben Tag, am 21. November, sind aber völlig unabhängig voneinander entstanden. Der Schweizer Künstler Staub gastierte mit seinem »Erinnerungsbüro« bereits vor sechs Jahren in den alten Mauern des Hauses, wo er weltweit entstandene Videoarbeiten von Menschen präsentierte, die sich an ihre Großeltern erinnern. Staubs wirkungsvolle Methode zeigt Interviewten nach einiger Zeit beim Abhören ihrer eigenen – von Staub redigierten – lebensgeschichtlichen Erzählung. Die Kamera erfasst damit einen ganz speziellen Moment, weil das Erzählen im Augenblick des Wiederhörens selbst schon Erinnerung ist. Es sind Momente, die auch die Besucher von Staubs Wanderausstellung, die nun nach Frankfurt kommt, berühren. Das Projekt hat übrigens 2012 in Frankfurt seinen Ausgang genommen, als Staub zum Antritt der Intendanz von Niels Ewerbeck am Mousonturm die Bewohner des benachbarten Altenheims nach ihrer Erinnerung an ihr 21. Lebensjahr befragte. Inzwischen verfügt er über mehr als 170 Beiträge mit unterschiedlich alten Menschen. Wo immer die Schau gastiert, erweitert Staub den Kreis der Befragten.
Gänzlich anders und Anderes wird auf Ebene 3 des Historischen Museums thematisiert. Wo ist Ihr Ort der Jugend, und was haben Sie dort gemacht? hat das Stadtlabor im Historischen Museum Frankfurt ältere Bewohner auf der Suche nach den »Frankfurter Orten der Jugend« gefragt und ist entsprechend fündig geworden. Heimlich rauchen auf der Parkbank im Grüneburgpark, die Abifeier dort oder nächtliche Streifzüge durch Altsachsenhausen, nachdem man der Mutter gesagt hatte: »Mama, ich penn heut bei Franky«, der Skatepark im Osthafen, der Hauptbahnhof an der Seite von Opa, dem Eisenbahnfan. Mit Kooperationspartnern hat das MMF im Vorfeld der Ausstellung aus den eingesammelten Antworten digitale Beiträge erarbeitet, die die Lebenswelt der heutigen und früheren Jugendlichen sichtbar machen. Das Projekt macht mit der Eröffnung nicht Schluss, sondern geht weiter. Geplant ist ein Stadtlabor Digital-Workshop im Frühjahr 2019, zu dem alle Interessierten herzlich eingeladen sind, ihre Orte der Jugend kreativ zu betrachten und ihre Inszenierung, sei es als Film, Audio- oder Fotocollage, der Ausstellung digital hinzuzufügen.