Von Generationenaufgaben, von der Verantwortung gegenüber den zukünftigen Generationen ist allenthalben die Rede, wenn es um die Klimapolitik geht. Was eigentlich ist denn nun eine Generation. Üblicherweise nimmt man den Zeitraum von der eigenen Geburt bis zur Geburt des ersten Nachkommens (der ersten Nachkommin?). Dies wurde bisher mit durchschnittlich 25 Jahren angesetzt. Realistischerweise müsste man diesen Ansatz angesichts doch zunehmend späterer Erstgeburtsvorgänge wohl für die zukünftigen Generationen etwas erhöhen, sagen wir auf 30 Jahre. Rückblickend haben also bei Zugrundelegung der bisherigen 25 Jahren seit dem Beginn der christlichen Zeitrechnung etwa 80 Generationen das Licht der Welt erblickt bzw. sie dann auch wieder mehr oder minder freiwillig verlassen. Was diese doch überschaubare Zahl an Generationen in dieser uns doch schon ziemlich lang vorkommenden Zeitspanne so alles erreicht hat, ist schon phänomenal: die vom Christentum ja eigentlich strikt verbotene Tötung des und der Nächsten wurde in einer unvorstellbaren Weise perfektioniert; der Mann im Mond wurde Realität; in Tontafeln eingeritzte oder – je nach Zivilisationsgrad – auf Papyrus gemalte Schriftzeichen wurden durch Emojis genannte Bildchen auf unseren Handybildschirmen abgelöst. Das kannten die Ägypter schon – also nicht das Handy.
Schauen wir jetzt in die Zukunft, spielt angesichts der Entsorgungsproblematik einer dieser Geistesblitze der letzten 80 Generationen, nämlich des Atommülls, mal ganz locker die Zahl von einer Million Jahre eine Rolle, auf Grundlage der oben aktualisierten Generationenlänge also mal locker mehr als 33.000 Generationen. Da kann einem ja angesichts der oben erwähnten Entwicklungen für unsere Zukunft ganz schön schummerig werden, was sich da wohl alles tun wird, während unter den Füßen der Menschheit (so sie es bis dahin denn geschafft hat) in irgendwelchen Salzstöcken der strahlende Müll von gerade mal 4 Generationen brodelt.
Und was hat das Ganze jetzt mit dem Glatteis zu tun, auf das ich mich jetzt begeben will? Nun, es sind gerade mal 0,3 Generationen – nämlich 9 Jahre -, bis idealerweise der Ausstieg aus der Kohleverbrennung erfolgt sein soll. Bis dahin muss also, vor allem wenn der fossile Energieträger Gas auch dran glauben muss, der Umstieg auf regenerative Energie gestemmt werden. Angesichts des Ausbautempos der vergangenen 0,3 Generation kaum vorstellbar, auch wenn die christdemokratischen Zauderer nun nicht mehr tonangebend sind. Wenn also die fossilen Energieträger hauptverantwortlich für die CO2-Emissionen sind, ist das Argument, wenigstens für diese 0,3 Generationen die Restlaufzeit der noch im Betrieb befindlichen AKWs zu verlängern, nicht ganz von der Hand zu weisen. Der Grad der Gefährdung bleibt angesichts der Zukunftsbelastung von weiteren 33 Tausend Generationen nahezu gleich. Auch kann eine solche Laufzeitverlängerung an strikte Bedingungen geknüpft werden: jeder Cent aus dem Gewinn der Atomverstromung geht in den Ausbau regenerativer Energie und die AKW-Betreiber müssen bis zum Laufzeitende 2030 die mindestens gleiche Strommenge über regenerative Energie erzeugen, wie ihr AKW produziert hat. Keine wirklich neue und originelle Idee, aber ziemlich grünes Glatteis.
Das hat natürlich alles nichts mit den Spinnereien der Herren Macron und Bill Gates zu tun, mit ihren Taschen-AKWs erneut in diese Technologie einzusteigen. Ersterer will seine auch auf Atomkraft basierende Fantasie des France first verwirklichen, der andere lebt halt immer noch in seiner Techno-Machbarkeits-Fantasiewelt, in der es kaum einen Unterschied gibt zwischen MS-DOS, Windows und einem Mini-AKW.
Jochen Vielhauer