Die Schatten der Dinge
Die tschechische Avantgarde-Fotografie hat mit Künstlern wie Josef Sudek oder Karel Teige die Geschichte der Fotokunst auf beispielhafte Weise bereichert. Einer der Hauptvertreter ist Jaromír Funke, 1896 in Ostböhmen geboren und 1945 in Prag verstorben, in der Zeit des sozialistischen Realismus in seiner Heimat kaum gefeiert. Im Frankfurt kann man nun bestaunen, wie frisch viele seiner Bilder auch heute noch wirken.
Das mag daran liegen: Seine Fotografie – zu sehen sind etwa 70 Werke aus den 1920er- und 1930er-Jahren – nimmt ihre Stärke vor allem aus der zeitunabhängigen, stets aktuellen Kraft von Licht und Schatten. So ganz wollte sich Funke nicht festlegen. Zeittypisch nahm er sich aus Kubismus, Neuer Sachlichkeit, Abstraktion und Surrealismus, was er für seine Kunst brauchte. Zu sehen sind unter anderem Stillleben aus Glasobjekten, Früchten, Muscheln, Seesternen, Papp-Kuben oder Tellern, die gespiegelt, reflektiert, an der Wahrnehmung zweifeln lassen.
Bald zweifelte der Prager selbst an der Dingwelt und begann, nun ganz abstrakt zu arbeiten. Seine Fotografien aus der 1927 bis 1929 entstandenen Serie »Abstract Photo« zeigen nur noch die Schatten der Dinge. Ziel sei es, schreibt Funke, »zwei Gegensätze hervorzuheben, zwei Realitäten zu kontrastieren, verschiedene Elemente in einem einzigen Foto zu verbinden«. So Funke 1935. Überhaupt sollte man mehr von ihm lesen: Seine theoretischen Betrachtungen zur Fotokunst fasst er in Essays und Büchern zusammen. »Jaromír Funke. Fotograf der Avantgarde« stellt ein Werk vor, das zu betrachten noch heute lohnt.
Gleichzeitig sind derzeit im FFF (Braubachstraße 30–32) auch Arbeiten von elf Studierenden des tschechischen Instituts für kreative Fotografie in Opava zu sehen, jener »Opava School« also, die in ihrer visuellen Vielgestaltigkeit kaum auf einen Nenner zu bringen ist. Doch finden wir auch hier: viel Lust auf fotografische Experimente.