Die nicht wirklich eindeutige Antwort blickt derzeit in unterschiedlicher Form von Plakaten auf uns herab – manchmal auch wegen fehlender Hängefestigkeit zu uns herauf: Mal sind wir Herbert, mal seid ihr Herbert, mal bist du Herbert, mal ist Herbert Herbert. Die Botschaft allerdings scheint eindeutig: alle Frankfurter Herberts sollen Herbert wählen, zum Superhelden, wie ein Plakat suggeriert. Oder auch mal zum Kätzchen. Oder auch mal als Alternative zur Frau. Und da wir nun wissen wer Herbert ist und was er will, sehen wir uns auch gleich noch die anderen an, die ins Frankfurter OB-Büro einziehen wollen: den Boris, die Rosi, den Peter, die Janine, den Karl-Maria, die Ursula, den Harald, den Jean-Jules und den Oliver.
Da ja nur der Boris, die Rosi und irgendwie auch der Peter ne Chance haben, die Stadtkette um den Hals gebunden zu kriegen, fragt man sich natürlich nach der Motivation der anderen. Beim Karl-Maria kennen wir das ja, er ist seit gefühlten hundert OB-Wahlen auf der Liste und will natürlich mit dieser Tradition nicht brechen. Der Oliver will vergleichsweise preisgünstige Werbung für die Titanic machen. Der Harald will es nach seiner nicht so erfolgreichen Bürgermeisterkandidatur in Fränkisch-Crumbach nun etwas kleiner. Den Jean-Jules kenn ich ehrlich gesagt nicht. Laut eigen Angaben ernährt er sich nur von heißem Wasser, Apfelessig, Zitronen und Mandeln. Womit er dann ja einige Grundvoraussetzungen für das OB-Amt erfüllt. Ja, und dann die Ursula – ihr Ziel ist es, dass die Rosi nicht in den Römer einzieht, weil die ja partout nicht die neue Landebahn verhindert hat. Das hätte sie zwar auch gar nicht gekonnt, weil sie erstens nirgendwo in einem entsprechenden Amt war und das ganze zweitens sowieso nicht in Frankfurt entschieden wird. Aber wen kümmern schon solche kleinen Unstimmigkeiten. Soll’s doch der Boris machen – einer der glühendsten Gegner des Flughafenausbaus.
Interessant ist natürlich auch die Janine. Wie es sich für eine anständige Linke gehört, kämpft sie voller Mut gegen das Böse und für das Gute. Und dafür will sie natürlich – wenn auch chancenlos – den OB-Wahlkampf nutzen. Der Boris wird’s ihr danken. Nun weiß ich nicht, ob da nur ich etwas übersensibel bin, aber bei einem Plakatspruch »Frankfurt nazifrei« gehen mir schon sehr unschöne Assoziationen durch den Kopf.
Kommen wir zu Frankfurts Top Drei. Sie geben auf den Plakaten unterschiedlich viel von sich preis. Der Boris eigentlich nur sein Gesicht in schwarz-weiß, dafür aber mit sehr männlicher Unterschrift, hat er als Minister ja auch üben können. Die Rosemarie zeigt etwas mehr Oberkörper, hat ganz rote Lippen und beneidenswert weiße Zähne. Am meisten zeigt der Peter: mal Dreiviertel-, mal Ganzkörper ist er jeder Lebenslage gewachsen. Ob Regalaufbau ohne Jackett (aber natürlich mit Schlips, das ist man der bürgerlichen Mitte schuldig) oder fröhlicher Seniorenplausch, natürlich diesmal mit Jackett, unser Peterle ist halt jeder Situation gewachsen. Da kann er doch glatt auch Oberbürgermeister werden. Vielleicht leiht ihm der Michael (der aus Paris) ja noch seine schmucken Ganzkörperständer. Da muß dann nur noch das Gesicht ausgetauscht werden.
Die Rosemarie hat es zugegeben am schwersten. Zwar ausgestattet mit der größten Erfahrung, muß sie begründen, das nach bald siebzehnjähriger Weiberherrschaft im Frankfurter Römer erneut eine Frau an die Spitze will. Kann man bzw. frau das den Herren der Schöpfung wirklich zumuten? Na ja, die wählenden (und vielleicht auch wählerischen) Frankfurterinnen haben ja schon mehrfach ihre Macht bewiesen. Mal sehen, wie sie sich vom Boris oder Peter umgarnen lassen.
Ach so – auch Männer dürfen Frauen wählen, hab ich gehört. Und das Ganze dann am 11. und wohl auch am 25. März.
Jochen Vielhauer