Die schönsten Stiftsfrauen
Im Kundenzentrum der Frankfurter Sparkasse ist »Die Kunst zu altern« zu bestaunen
Sie strahlen was aus und strahlen uns an: alle diese 35 ungemein selbstsicheren Fotomodelle der Altersgruppen 60, 70 und 80 plus, deren Porträts der Frankfurter Kameraprofi Hans Keller vom 1. bis zum 31. Oktober im Kundenzentrum der Frankfurter Stadtsparkasse ausstellt.
Schönheit, so verraten uns ihre Gesichter und ihre Körpersprache, kommt von innen und ist ganz augenscheinlich eine Sache der Einstellung. Hans Keller hat vor gut einem Jahr die rund 1.400 Frauen, die das Frankfurter St. Katharinen- und Weißfrauenstift betreut, brieflich dazu eingeladen, an seinem Projekt »Die Kunst des Alterns« (DKZA) teilzunehmen. In seinem Schreiben machte der 53 Jahre alte Kunstfotograf den Empfängerinnen deutlich, dass es ihm über die Bereitschaft, vor seine Kamera zu treten, auch um ihre jeweilige individuelle Lebensgeschichte gehe. Mit mehr als 100 Bewerbungen von Frauen zwischen 60 und 101 Jahren erntete er darauf eine überwältigende Resonanz. Knapp drei Monate ließen sich Keller und seine Projekt-Managerin Nadja Dragovic Zeit für die Foto-Shootings und die Gespräche mit den Stiftsfrauen und erlebten dabei viele Überraschungen. Ein Ergebnis dieses beeindruckenden Castings ist, dass aus der angedachten Auswahl der schönsten Stiftsfrauen von bis zu 15 Seniorinnen schon bald ein Kreis von 30 geworden ist. Impulsiv, manchmal kokett, manchmal elegant, manchmal mit Hang zum Graziösen: Es sind keine Blicke von gelebten Leben, die uns aus diesen vitalen Gesichtern entgegen leuchten, sondern freche, erlebnishungrige Augen voller Tatendrang und Zutrauen. Da gibt es etwa die 77-jährige Lydia Peterburs, die für (was sonst als) ihr Leben gerne in Diskotheken tanzt, die 70-jährige Siegrid Zipperlen, die vor zwei Jahren damit begann, Saxophon zu spielen, oder die 77-jährige Martha Tomaselli, die einfach nicht darauf verzichten kann, in der Öffentlichkeit mit ungewöhnlichen Farben und mutigen Outfits aufzufallen. Je mehr und je Interessanteres seine Models ihm zu erzählen wussten, desto sicherer und selbstbewusster hätten sie sich auch vor der Kamera bewegt, beobachtete Hans Keller. »Every Picture Tells a Story«, so hieß mal ein Song von Rod Stewart, den man dieser so emotionalen wie ästhetisch ansprechenden Ausstellung unterlegen könnte. Und selbstverständlich erzählt auch jede der Falten, die wir hier regelrecht in Szene gesetzt sehen, vom Leben. Schließlich geht es Keller und seinem Team bei diesem »Plädoyer für die Kunst zu leben« darum, »den aktuellen Teil der Lebensgeschichte älterer Frauen fotografisch zu dokumentieren und dabei die Ästhetik des Alterns darzustellen«. Anders als das sonst in der Mode üblich ist, hätten er und seine Make-up-Spezialistin Regina Hoffmann ihre posierenden Models nicht geschönt oder durch Bildbearbeitung korrigiert, sondern größten Wert auf die Natürlichkeit gelegt. Zum ersten Male habe er all das an »Faltigkeit, Tiefe und Details, das man sonst in der Mode wegretuschiert«, einfach so belassen wie es ist, bekundet Keller. Altern, so sein Resümee und seine Botschaft, sei heute nichts mehr, vor dem man sich fürchten, ängstigen oder dessen man sich gar schämen müsse.
gt (Foto: Hans Keller)
Bis 31. Oktober 2013: Mo. bis Mi., Fr. 9–16 Uhr; Do. bis 18 Uhr im Kundenzentrum der Frankfurter Sparkasse, Neue Mainzer Str. 49 Vernissage: 30. September 2013, 19 Uhr Info: www.hanskeller.com