Meisterkonzerte im Schloss

Die Bad Homburger Schlosskonzerte scheinen sich zusehends zu einer Talentschmiede zu entwickeln. Oder anders gesagt: der künstlerische Leiter, Karl-Werner Joerg, hat ein gutes Gespür für Musiker*innen, die auf dem Weg auf die großen Bühnen der Welt sind. So ist auch das Programm der Konzerte in diesem (26.) Jahr eine Feinabstimmung auf Solo- und Orchesterkonzerte, nach längerer Zeit der Restaurierung wieder in der reizvollen (und akustisch fabelhaften) Schlosskirche. Fein abgestimmt heißt, dass sich kammermusikalische und großformatige Ensembles oft auch thematisch ergänzen. Nach furiosen Jubiläumskonzerten im Oktober und November vergangenen Jahres zählen zu den besonderen Höhepunkten der ersten Monate im neuen Jahr zwei Orchesterkonzerte: Am 17.1. hatte das Bayrische Kammerochester aus Bad Brückenau neben der melancholischen Streicherserenade von Edward Elgar, dem Fagottkonzert des gerade mal 18-jährigen Wolfgang Amadeus Mozart und dem quicklebendigen »Divertissement für Fagott und Streicher« von Jean Francaix die Sinfonie Nr. 49 von Joseph Haydn im Gepäck, die »Leidenschaftliche«. Ein weiteres Orchesterkonzert am 7.3. bestreitet die Junge Streicherakademie Mainz u.a. mit einem selten aufgeführten Konzert für vier Violinen und Streicher von Vivaldi und einem »Konzert für Streicher« der polnischen Komponistin Gražyna Bacewicz.
Im Rahmen der Reihe »Meisterpianisten« trat am 31.1. die slowakische Pianistin Krisztina Marouf auf, die sich (nicht nur) in ihrer Heimat einen klingenden Namen gemacht hat, und mit ihren gerade mal 32 Jahren ausgiebig solistisch und kammermusikalisch, auch in teils eigenwilligen Ensembles unterwegs: ein Damenkammerorchester in Bratislava etwa. Wie der große Komponist und Klavierpädagoge Johann Nepomuk Hummel in Pressburg (dem heutigen Bratislava) geboren hat sie schon früh zu dessen Kompositionen eine besondere Beziehung entwickelt. Dazu zählte auch 2018 die Gründung eines Hummel-Festivals anlässlich des 240. Geburtstags des Mozart-Schülers. Kein Wunder also, wenn die Künstlerin den Klavierabend mit sieben Ungarischen Tänzen Hummels eröffnet, um von dort aus thematische Verbindungen zu suchen von Joseph Haydn über Franz Schubert zu einer der virtuosen Transzendentalen Etüden Franz Liszts. Als Schlusspunkt (zurück zu den Tänzen des Anfangs) der eher düstere »Danse macabre« von Camille Saint-Saens.
Der Ruf eines Meisters der Improvisationskunst eilt dem jungen Klavierprofessor Laurens Patzlaff voraus, der sich am 28.2. bei den Schlosskonzerten mit einem außergewöhnlichen Programm vorstellt. Der dreisätzigen Klaviersonate KV 282 des achtzehnjährigen Mozart folgt ein Werk Beethovens, das schon weit in die pianistische Zukunft zu weisen scheint: die Klaviersonate op. 26 in As-Dur. Diese startet, absolut ungewöhnlich in jener Zeit, mit »Veränderungen« eines Themas – also mit Variationen. Auf ein üblicherweise an dritter Stelle stehendes, hier wie eine Reminiszenz an Haydn erinnerndes Scherzo folgt ein groß dimensionierter Trauermarsch »auf den Tod eines Heroen«, der gewissermaßen den Duktus der viel späteren Chopin´schen zweiten Klaviersonate vorausahnt – oder anders gedacht: hat sich Chopin an diesem gewaltigen Vorbild orientiert? Der schnelle, kurze Schluss-Satz ist wie ein Wiedererwachen im Leben (siehe auch bei Chopin!).
Nach Beethovens Gedanken der »Veränderungen« ist es nur folgerichtig, dass Laurens Patzlaff sich ebenfalls in seinem Metier als »Improvisator« zeigt und zum Abschluss des Konzerts das Publikum thematisch mitbestimmen lässt.

Bernd Havenstein / Foto: Thomas Gerhard
Tickets und Infos für alle Veranstaltungen über Tel.: 06007/930076 oder www.ztix.de, www.badhomburger-schlosskonzerte.de

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