Die Popmusik war schon immer ein Terrain für Wilderer: Kaum eine Musikrichtung, kaum eine gespielte Note, die nicht schon einmal, in beinahe gleicher Art und Weise gespielt worden ist. Weil die Popmusik auch ein Feld immerwährender Innovation zu sein vorgibt, liegt in der Rekombination bekannter Teilchen ihr Erfolgsrezept. Doch manchmal macht es Spaß, einem Musiker zuzuhören, der nichts anderes sein möchte, als eine perfekte Kopie.
Der Innovationsanspruch des amerikanischen Gitarristen Randy Hansen ist gering. Und wäre sein Vorbild nicht so eine schillernde Lichtgestalt im Pop, dann würde man Hansen selbst für den Star halten, der er zu sein vorgibt. »Randy Hansen plays Hendrix« heißt sein Bühnenmotto. Und das schon seit den 1980er Jahren.
Hansen tut alles dafür, wie Hendrix zu sein: Seine Bühnengarderobe, die Art, wie er seine E-Gitarre mit seinen Händen, dem Ellenbogen und der Zunge malträtiert, auch die Feinmotorik des Meisters hat sich Hansen sehr genau abgeschaut. Und wenn Hansen nach der Art schwarzer Bluessänger ins Mikrofon nuschelt, hinter jede abgehackte Zeile ein imaginäres Fragezeichen setzt, auch dann steht Jimi ganz dicht neben ihm.
Vor allem aber reproduziert Hansen einen Gitarrensound, der Hendrix tatsächlich betörend nahekommt. Die Kunst dieser Musik liegt in der Zerstörung musikalischer Strukturen, des starren Bluesschemas etwa: ein Aufbruch in die Freiheit. Und auch Dekaden nach dem legendären Auftritt von Jimi Hendrix in Woodstock scheint die destruktive Potenz der Rockmusik noch immer ungebrochen. Damals hatte Hendrix die amerikanische Nationalhymne mit der Kraft der sechs Saiten uminterpretiert. Sein Publikum sah in dieser Splittermusik einen Abgesang auf Amerika selbst.
Jimi Hendrix spielte Gitarre wie kein anderer. Und brauchte dabei oft sogar nur eine Hand, weil sich die Rückkopplungen seiner Gitarre zu ekstatisch-schwingender Erregung steigern ließen. Am 18. September 1970 starb Hendrix in einem Londoner Hotel nach kurzem, schnellem und schwindelerregendem Ruhm an einer Überdosis Alkohol und Schlaftabletten. Das schönste im Leben sind die Erinnerungen. Und wenn Tote auferstehen macht es doppelt Spaß: Jetzt ist der großartige Randy Hansen mit seiner Band im Rind zu Gast.
»Randy Hansen« im Rind in Rüsselsheim