Im Gegensatz zu »strange« wird das Adjektiv »odd« eher für Unpassendes verwendet und beim ersten eigenständigen Tanzabend seit 20 Jahren im Schauspiel Frankfurt mit »sonderbar« übersetzt. »10 odd emotions«, zehn sonderbare Gefühle will demzufolge die Regie führende israelische Choreografin Saar Magal mit den Mitteln des »Physical Theatre« orten, wenn sie mit einem vielköpfigen Ensemble von nahezu 20 Künstler*innen auf der Megabühne des Großen Hauses den Ausprägungen von Rassismus, Antisemitismus und Kolonialismus in Deutschland nachgeht. Emotionen, die bei den Versuchen entstehen, einen sprachlichen Ausdruck für unsere Erinnerungen, aber auch für unsere historische Verantwortung zu finden. »Wie entsteht der ›fremde Körper‹, das Ausgestoßene, Unterdrückte, aus der Mitte eines vermeintlichen ›Wir‹?«, lautet eine der weichenstellenden Fragen, verrät die Ankündigung,
»Physical Theatre«, auch das sei kurz erklärt, hat seinen Ausgangspunkt in der Pantomime, indessen aber längst die Bahnen eines Marcel Marceau verlassen. Die Ausschreibung der Essener Folkwang Universität, die als einzige in Deutschland »Physical Theatre« als Studiengang anbietet, erklärt dieses als »sparten- und genreübergreifende, stets nach neuen Formen suchende Spielart der Schauspiel- und Performancekunst, in der der Körper Ausgangs- und Referenzpunkt für künstlerische Gestaltungsprozesse ist«. Absolventen des Studiengangs wenden sich deshalb nicht zwingend dem klassischen Sprechtheater zu.
Saar Magal, deren Karriere wie die so mancher Großen des Genres, eng mit der Batsheva Dance Company von Ohad Naharin verbunden ist, hat in Deutschland unter anderem schon mehrfach für die Bayrische Staatsoper produziert, darunter das Projekt »Hacking Wagner« im Haus der Kunst. Aktuell zeichnet Magal für die Choreografie einer nicht von allen, aber von vielen gefeierten Dorian-Gray-Interpretation mit dem Titel »Love Me More« am Schauspiel Köln verantwortlich. Für die Frankfurter Inszenierung, die das Schauspiel und die Dresden Frankfurt Dance Company erstmals zusammenbringt, verspricht Magals Stückentwicklung schon von der Besetzung und dem Crossover aus Text, Musik, Film, Tanz und Akrobatik her ein intensives visuelles Erleben. Zu Magals Team gehören neben dem Komponisten und Musiker Omer Klein noch Natan Berkowicz (Video) und Slavna Martinovic (Kostüme). Mit Sarah Grunert und Andreas Vögler zählen zwei Ensemble-Mitglieder vom Schauspiel Frankfurt zum Personal, das 18 weitere Künstler*innen größtenteils der Dance-Company, sowie zwei Live-Musiker umfasst. Das Stück wird nur im Januar und Februar, dafür aber an 16 Abenden in dichter Folge gezeigt.
gt / Foto: © Karolina Miernik
Termine: 21. (Uraufführung), 23., 25., 26., 27., 30. Januar, 19.30 Uhr, weitere im Februar
www.schauspielfrankfurt.de, www.dresdenfrankfurtdancecompany.comSchauspiel und DresdenFrankfurtDanceCompany spüren »10 Odd Emotions«