Pussytiv durchs Leben
Ob das hochgereckte V-Zeichen der fünf »Supergrrrls« auf der Bühne des Titania nun für Victory oder für Vagina steht, ist gewiss nicht die Frage. Es kommt auf eins raus. Schon die hellrosa gefütterte Lackledermontur, die das Cover des Programmheftchens schmückt, lässt da keine Interpretationswünsche offen.
Die 90-minütige Schau dieses Frauenquintetts der Theaterperipherie demonstriert zu heißen Beats und programmatischen Songs von Peaches bis Marianne Rosenberg ein weibliches Selbstbewusstsein, das sich gewiss nicht (mehr) aus der Beziehung zum Mann definiert. »Meine Muschi und dein Penis können echt gute Freunde werden, yeah«, heißt es irgendwann an diesem Abend. Klingt wie ein Versöhnungsangebot, oder?
Folglich muss es nicht wundern, dass neben der Regisseurin Ute Bansemir und den fünf tollen Aktricen auch ein Mann, Jan Deck, an der Fassung dieser schrillen Performance beteiligt war, die sich in einem wilden Schlagabtausch den gesellschaftlichen Rollen des Frau-, oder besser: Girlie-, noch besser: des Bitch-Seins in den unterschiedlichsten Schattierungen widmet. Ist es eine feministische Großtat, mit 251 Männern en suite zu schlafen, oder einfach nur krank? Und welches Tier soll frau sein, wenn sie in ein Bewerbungsgespräch geht? Und wie benehme ich mich, verdammt noch mal, beim Essen?
Sinnlich, intellektuell, praktisch, kämpferisch und querfeldein: Jede der Fünf, von denen wir Meltem Kilinc, Silvana Morabito und Antonia Jungwirth schon aus anderen Produktionen kennen, Suleika Ahmad-Ali und Susanne Kaiser erstmals sehen, verkörpert – ohne darauf letztlich festgelegt zu sein – einen anderen Typ. Ihnen zusammen geht es um Träume und Schäume, um Grenzen und Konsequenzen, um Reform oder Revolution.
Ganz schön verwirrend, irritierend, labyrinthisch, so ein Weg der Selbstfindung. Aber extrem spannend und mitreißend zelebriert. Der große, überraschende Theatergong der freien Szene zum Ausklang des Jahres wird noch weit ins nächste Jahr hallen. Dass es nicht öfter auf dem Spielplan steht, wird doch nicht an den Peripherie-Männern liegen?