Der Antichrist in der Kirche

Weit vor den prophetischen Ankündigungen des Apostels Paulus an seine erste Gemeinde in Thessaloniki beschwört der alttestamentarische Moses bereits das baldige Erscheinen eines Anti-Propheten, der Verwirrung unter den Menschen stiften und Handlanger des Teufels sein wird. Der Anti-Christ, der Zerstörer von Moral, der sich in unterschiedlichsten Gestalten unter das Volk mischt und, so Paulus, der »seinen Thron im Tempel Gottes aufstellen wird und behaupten, er sei Gott« (2. Thess.2). Die Furcht vor dem »Bösen« zieht sich in den unterschiedlichsten Formen durch die Geschichte, Philosophie, Literatur und endet nicht bei Friedrich Nietzsche, dessen riesiges, polemisches Pamphlet »Der Antichrist. Fluch auf das Christentum« einigen Bearbeitungen für das Theater oder die Oper zugrundeliegen. Die scheinbar ewige Faszination der Unterwanderung des »Guten« durch das »Böse«. So liegt in unserer Zeit der vielfältigen Überforderungen wohl in der Luft, dass das »opus maleficum« Nietzsches in vielen Tonarten eine Art Wiederbelebung erfährt. Eine Oper des Dänen Ruud Langgaard aus dem Jahr 1930, »Antikrist«, war lange vergessen und erlebte 2018 in Mainz seine bemerkenswerte deutsche Erstaufführung. Jetzt gibt es sie in der Berliner Staatsoper, der »Antikrist« wird gefeiert.
Und nun bereitet die Frankfurter Kammeroper eine Version des Komponisten Andrea Cavallari (Libretto von Bert Bresgen) vor, beide in ihrer Zusammenarbeit mit Urgestein Rainer Pudenz keine Unbekannten in der Frankfurter Musikzene. In der Ankündigung heisst es, dass diese Oper weder auf billige Aktualisierungen, noch auf die Darstellung der Biographie des späten Nietzsche setze. »Sie weigert sich auch, Nietzsches Text als Oratorium zu präsentieren ( … ). Diese Oper beschreitet einen anderen Weg, einen sich krümmenden, der die Paradoxien und den mitunter höllischen Humor des Originals in sich aufnimmt.« Im siebenteiligen Projekt taucht nicht nur Jesus »in persona« auf – »ein beschnittener Knabe wird dem Papst und dem Chor der sixtinischen Kapelle von seiner Mutter Maria angeboten, doch er findet keine Aufnahme mehr« – ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Und dass die Uraufführung in der sog. Weihehalle der Unitarier-Kirche in der Fischerfeldstraße stattfinden soll, ist gewollt, so ist anzunehmen: fühlt sich doch diese Religionsgemeinschaft den »geistesgeschichtlichen Traditionen des freien Denkens und Glaubens verbunden« (Homepage der Gemeinde). Flankiert wird die Uraufführung, wie es heißt, von einem jungen Symposium »Der Antichrist« am Sonntag, 20.3. um 20 Uhr.

Bernd Havenstein

Termine: 19. März, 20 Uhr (Premiere), 22., 24., 26., 28., 31. März und 2. April, Fischerfeldstr. 16 (unweit Konstabler Wache)
Karten bei Frankfurt Ticket, Tel.: 069/13 40 400 oder unter www.frankfurtticket.de

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