Dresden Frankfurt Dance Company hat Jacopo Godanis »Alter Ego« weiterentwickelt

Zuletzt war das, was Jacopo Godani mit der Dresden Frankfurt Dance Company auf die Bühne des Bockenheimer Depots brachte, sehr real. Mehrmals ließ der Künstlerische Direktor seine Truppe gemeinsam mit Musikern auftreten. Bei der jüngsten Premiere »Premonitions of a Larger Plan« waren es drei junge Solisten, die auf ihren Instrumenten Cello, Flöte und Gitarre ihr beachtliches Können zu Gehör brachten, während die Bewegungskünstler sie umtanzten. Projektionen von Naturerscheinungen wie Wassertropfen oder Wellen schweißten das Ganze innerhalb einer halben Halfpipe zu betörenden Bildern zusammen.
»Alter Ego«, das nun in die Spielstätte zurückkehrt, aus der es 2020 direkt nach seiner Frankfurt-Premiere durch das Coronavirus und den dadurch bedingten Lockdown vertrieben wurde, knüpft derweil wieder an die Entmenschlichung des Körpers an, die Godani schon oft thematisiert hat. Dabei ließ sich der Italiener von Stummfilmen aus den 1920er-Jahren wie »Metropolis« von Fritz Lang inspirieren.
Die Bühne ist in dunkles, bläuliches Licht getaucht. Helle Leuchtkegel wabern darüber, finden sich zusammen und driften wieder auseinander. Die Silhouetten der 16 Tänzer*innen, die alle eine Art Strampelanzug tragen, werden durch Zusatzelemente unter den bunten Stoffen verfremdet. Ellbogen, Knie und Schultern sind spitz verlängert. Auf den Köpfen tragen die Performer goldene Kronen, die das Licht reflektieren, das Godani wie die Kostüme, die Bewegungen, die Bühne wie so oft selbst kreierte.
Die Stimmung ist düster. Die elektronische Collage des Komponistenduos 48Nord, hinter dem Ulrich Müller und Siegfried Rössert stehen und das nicht zum ersten Mal mit der Compagnie zusammenarbeitet, modernisiert den Klangteppich, den man aus 100 Jahre alten Horrorstreifen aus Hollywood kennt. Es scheppert, dröhnt, quietscht und rumort bedenklich.
Dazu bewegen sich die Aliens als Masse, schwirren und flattern wie Insekten, staksen dann mal steifbeinig, geraten ins Taumeln. Kleingruppenduelle ergeben sich, kämpferisch die einen, duckend die anderen. Irgendwann fallen Körper zu Boden. Dann stehen sie wieder auf, schließen sich dem Schwung an, als wäre nichts gewesen. Tierisches wird imitiert. Das alles wirkt oberflächlich und unentschlossen, nicht wie eine wirklich tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Fremden.
Knapp eine Stunde dauert der Rausch mit den Anleihen aus der Vergangenheit. Dann ist man zurück aus dem Dämonischen, in der Wirklichkeit. Zum Zeitpunkt der ersten Aufführung bedeutete das Isolation im eigenen Heim. Godani ließ seine Tänzer dort das Stück, von dem eine kürzere Version schon 2019 in Dresden zu sehen war, weiterentwickeln. Solo-Videos zeugen von neuerlichen, individuelleren Metamorphosen. Die Experimente aus den Wohnstuben sind online zu sehen. Doch auch für die Live-Aufführung wurde der Prozess »Alter Ego« fortgeführt. Man darf gespannt sein, ob Bedeutendes die bisherigen Eindrücke ergänzt.

Katja Sturm (Foto: © Ian Whalen)

Termine: 31. März, 1., 2., 7., 8., 9. April,
jeweils 20 Uhr; 3., 10. April, jeweils 16 Uhr
www.dresdenfrankfurtdancecompany.com

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert