Gewinner gesucht
»Back in the Game« von Robert Lorenz
Was früher der Western war, ist heute der Sportfilm: das amerikanische Genre schlechthin. Während der »Wilde Westen« längst zu einem gesetzlosen Ort verkommen ist, an den einen keine zehn Pferde hinbringen könnten, geht es im Sportfilm noch immer um die uramerikanischen Tugenden. Jeder hat die Chance, ein Champion zu werden.
Es ist sicher kein Zufall, daß sich Clint Eastwood für seinen (vielleicht letzten) Leinwandauftritt dieses Genre ausgesucht hat. Eastwood, der große amerikanische Schauspieler, Regisseur und Produzent, war, solange wir uns erinnern können, ein Kämpfer. Doch die Kraft läßt langsam nach, er ist schwerhörig geworden, und seine peinlich-konfuse Obama-Beschimpfung muß wohl seinem fortgeschrittenen Alter zugeschrieben werden. In »Back in the Game« begnügt er sich mit der Hauptrolle und dem Posten des Co-Produzenten. Die Regie hat er seinem langjährigen Mitarbeiter und Produzenten Robert Lorenz überlassen, der die Aufgabe ganz im Sinn seines Hauptdarstellers löst. »Back in the Game« ist ein echter Clint-Eastwood-Film geworden.
Typisch ist erneut, wie in der von Eastwood gespielten Figur Eastwoods Persönlichkeit eingearbeitet ist. Gud Lobel ist angesehener Baseball-Scout, der als unfehlbar in der Beurteilung von Spielern gilt, jetzt aber mit einer gravierenden Sehschwäche zu kämpfen hat. Wie es sich für einen alten Haudegen gehört, verweigert er aber eine ordentliche ärztliche Behandlung und flucht stattdessen kräftig über im Weg stehende Tische, zu enge Garageneinfahrten und ähnliche Hindernisse.
Auf die Bitte seines Freundes hin kümmert sich die erwachsene Tochter Micky (Amy Adams) um ihn, die er nach dem frühen Tod der Mutter in ein Internat gegeben hat. Da hat sich im Lauf der Zeit ein unverarbeiteter Konflikt aufgestaut, und es entwickelt sich ein verhaltenes Vater-Tochter-Drama, in dem der Vater seine Tochter ständig auf Distanz zu halten versucht. Daß Micky ihren Anwaltsjob für ein paar Tage ruhen läßt, obwohl sie damit ihren Karrieresprung zur Partnerin in der Kanzlei gefährdet, zählt zu den kleinen Unwahrscheinlichkeiten, die man dem Film gerne verzeiht.
Schließlich stellt sich noch heraus, daß die Tochter auf Wunsch ihres Vaters Juristin geworden ist, obwohl Baseball auch ihre Leidenschaft ist. Inzwischen ist der Film zu einem Liebesfilm geworden. Micky lernt nämlich den jungen Talentsucher Johnny (Justin Timberlake) kennen, der wie sie und ihr Vater zu unterklassigen Baseballspielen reist. Johnny hat ein Auge auf die couragiert auftretende Micky geworfen, die ihn zunächst hartnäckig abblitzen läßt. Aber keine Angst, nach der klassischen Dramaturgie siegt die Liebe, und »Back in the Game« wird wieder ein Baseball-Film, und dazu noch einer, bei dem man nicht die Regeln kennen muß. (Schließlich werden amerikanische Filme für den Weltmarkt gedreht.) Es siegt am Ende – typisch amerikanisch – der krasse Außenseiter mit seiner schwer zu parierenden Wurftechnik, auf den sich der Originaltitel »Trouble with the Curve« bezieht.
Claus Wecker