Am 7. Oktober 2023 verübten Terroristen der Hamas einen der grausamsten Anschläge überhaupt: Während des Überfalls der Hamas wurden mehr als 1.200 Menschen gefoltert und getötet, vergewaltigt und verschleppten 240 weitere. Diese Morde und Gewalttaten haben zu einer Re-Traumatisierung innerhalb der jüdischen Bevölkerung geführt und zu einem mörderischen Krieg. Zwei Jahre nach dem Anschlag schwindet die Hoffnung auf eine Lösung: viele Geiseln sind immer noch nicht frei, der Krieg unter der Regierung Netanjahu nimmt immer grausamere Formen an.
Im jüdischen Museum wurde für dieses Datum ein kulturelles Programm zusammengestellt, welches unterschiedliche Aspekte dieser Tragödie aufgreift:
12–13 Uhr: Vortrag Israel nach dem 7. Oktober – Trauma, Debatte und Deutungskämpfe. Darin wird Jenny Hestermann von der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg der Frage nachgehen, welche Reaktionen sich innerhalb der israelischen Bevölkerung nach den besonders gewaltvollen Taten herausgebildet haben, analysiert die Transformation politischer Positionen und untersucht die Dynamiken der internationalen und der deutschen Debatte »zwischen ritualisierter Solidarität, moralischer Eindeutigkeit und antisemitischen Feindbildern«.
17–18 Uhr, Artist Talk der Kuratorin Annika Friedman mit der Künstlerin und Fotografin Ruthe Zuntz, deren Familiengeschichte in der neuen Wechselausstellung »What a Family« ausgebreitet wird. Sie dokumentiert seit dem 7. Oktober 2023 Solidaritätsdemonstrationen in Berlin und an Orten des Anschlags in Israel. Annika Friedman wird mit ihr darüber sprechen, welche Wirkungen diese Bilder auf sie und auf Außenstehender haben.
Den Tag beschließt die Vorstellung des Buches »Wie geht es Dir?«, in dem Zeichner*innen Menschen befragten, die direkt oder indirekt vom Nahostkonflikt betroffen sind (19–20 Uhr).
Der Eintritt ist frei, erbeten ist eine Anmeldung unter Nennung der jeweiligen Veranstaltung unter jmf@stadt-frankfurt.de
Ein besonders spannendes Thema mit ebenso spannenden Teilnehmern greift der Abend des 13. Oktober auf: zu Gast sind Ronen Steinke, Omri Boehm und Alexandra Kemmerer, die über »Jüdische Geschichte und Gegenwart des Völkerrechts« gemeinsam mit Museumsleiterin Myriam Wenzel debattieren werden. Der Philosoph und Soziologe Omri Boehm lieferte bereits mit seinem Buch »Israel – eine Utopie« im Jahr 2020 unermüdlich Gesprächsanlass, im Jahr 2024 wurde er mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet, gleichwohl auf Druck der israelischen Regierung als Redner von der Gedenkfeier zur Befreiung Buchenwalds ausgeladen. Der leitende Politikredakteur der SZ, Ronen Steinke, hat ebenfalls mit seinen Publikationen für Aufsehen gesorgt, z.B. über Fritz Bauer, über den Verfassungsschutz, über den Terror gegen Juden. Alexandra Kemmerer arbeitet am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht.
Die Idee des Völkerrechts als eine universale Rechtsnorm, die dem nationalstaatlichen Recht übergeordnet ist, beruht auf Setzungen der jüdischen Autoren Raphal Lemkin, Hersch Lauterpacht und Jacob Robinson und wurde nach der Shoa von ihnen geprägt. Mit dem Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess 1945/46 wurden diese Normen erstmals zur Grundlage von internationaler Rechtsprechung und mit der »Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes« 1951 als internationales Recht in Kraft gesetzt. Seit 2024 nun ermittelt der in Den Haag installierte Internationale Strafgerichtshof (IStGH) gegen die israelische Regierung wegen des Verdachts auf Völkermord und hat einen internationalen Haftbefehl gegen Premierminister Benjamin Netanjahu erlassen. Was bedeuten diese Ermittlungen für Jüd*innen in der Diaspora? Wie lässt sich die Aporie zwischen Völkerrechtsnormen und dem Selbstverteidigungsrecht Israels überwinden? Diese Fragen verlangen nach einer profunden Debatte.
Der 7. Oktober 2023, die Folgen und das Völkerrecht – Veranstaltungen des Jüdischen Museums im Oktober
