Ich sehe es schon förmlich vor mir schaukeln, das Flaggschiff der Frankfurter Oper- und Leitkultur, wie es da am Osthafen zwischen Containern dümpelt, auf einem Gelände, dass man Raab Karcher zuvor abgejagt hat – die wollten es eigentlich gar nicht hergeben – untendrin offen für die Bürger mit Flanieranreizen, obendrauf Schampus und die Frankfurter Bühnen, Oper und Schauspiel. Damit wird das Ostend so richtig aufgewertet, wie die CDU Fraktion im Römer das beurteilt, was auch immer das heißt, denn die Bestands- Ostendler fühlen sich schon sehr aufgewertet durch die EZB, eigentlich fast zu sehr aufgewertet, sie würden gerne wieder ein bisschen mehr abgewertet werden und ihre preiswerten Mieten wieder haben, dagegen hätten sie eigentlich nichts einzuwenden.
Außerdem hat die CDU gerade Mike Josefs Plan abgeschmettert, im Osthafen Wohnungen zu bauen, weil es Industriegelände sei. Ja also was denn nun, ein bisschen Stringenz in der Argumentation wäre hilfreich.
Doch der Main ist nicht die Elbe, und die Elphi-Phantasien der CDU sind jetzt noch nicht ausgestellt im DAM, wo die Stadt derzeit (bis zum 6. September) vier Konzepte zur Standortbestimmung präsentiert, und wie es allerdings aussieht, kommt man daran schlecht vorbei. Dafür sind sie schlicht zu verführerisch. Die Stabsstelle »Zukunft der Städtischen Bühnen« hatte verschiedene Varianten untersucht, die im Auftrag des Dezernats für Kultur und Wissenschaft erarbeitet wurden. Wie sie aussehen, das kann jetzt jeder in dieser kleinen Skizzen- und Fotoschau des Deutschen Architekturmuseums betrachten und bewerten.
Nur so viel: Es soll eine neue Kulturmeile mitten in der Stadt entstehen, denn dort gehört Kultur hin, findet Ina Hartwig (SPD), und vergleicht diese halbneu zu bestückende Kulturmeile mit dem Museums-ufer. Allerspätestens jetzt müsste sie alle auf ihrer Seite haben. Dieser Vergleich ist einfach zu gut. Die Meile beginnt am umwerfenden Neubau des Jüdischen Museums, wird flankiert vom English Theatre und der Komödie an der Neuen Mainzer Straße, dem Museum für Moderne Kunst II im Taunustor und zieht sich über die Wallanlagen hin bis zur Alten Oper. Auch die Dependance des Museums für Weltkulturen soll integriert werden. In die Wallanlagen wird nicht prinzipiell eingegriffen, sie werden bis zum Main hin verlängert. In einer Version der vier Varianten, die jetzt diskutiert werden, fließen sie um die neue Oper förmlich drum herum. Das hört sich unwiderstehlich an, aber ist es auch machbar? Welches sind die Kosten, was wird geopfert, was wird in Kauf genommen?
Wo sonst, wenn nicht in Frankfurt, kann es eine Kunstflaniermeile zwischen Hochhäusern geben – und dann eben auch die Oper im Hochhaus, meint Stefan Schütz von gmp Architekten, begeistert von seinem eigenen Vorschlag. Pech nur, dass die Helaba und die Sparkasse, um dessen Grundstück es auf der Neuen Mainzer Straße 47-51 für den Neubau der Oper gehen soll, offenbar zwar kontaktiert, aber nicht offiziell befragt worden seien, ob sie bereit wären, ihr Areal einzutauschen gegen einen neu zu bauenden, etwa 190 Meter hohen Turm im unmittelbarer Nachbarschaft. Die Version 2, zurzeit als die meist diskutierte und von Ina Hartwig favorisierte, fußt auf einem gemeinsamen Foyer, das sich zu den Wallanlagen und der Neuen Mainzer Straße hin öffnet, genau neben dem Japan Tower, der eine begrünte Passage zur Wallanlage erhält.
In den Visualisierungen sehen alle diese Varianten, lichterfüllt, strahlend, einladend, mit !Wolkenfoyer! und richtig viel Transparenz als Referenz an die bestehende Architektur einfach hinreißend aus. Vorbei die Diskussionen, als eine Interessensgemeinschaft unter Martin Wentz die wilhelminische Pickelhaubenfassade wiederauferstehen lassen wollte, als man das unverwechselbar Eigentümliche des Wolkenfoyer nicht sehen wollte.
850 Millionen Euro soll ein jeder Neubau kosten, auch der Vorschlag von der CDU. Wann immer das Geld aus dem städtischen Haushalt auch aufzubringen wäre. Das wird noch eine Weile dauern. Was allerdings nicht warten kann: Noch zwei Jahre, kalkulieren der frisch verlängerte Schauspielintendant Anselm Weber und Opernintendant Bernd Loebe, lassen sich die Bühnen bespielen, länger nicht.
Susanne Asal (Foto: © gmp Architekten)
Bis 6. September: Di.–So., 10-18 Uhr
www.dam-online.de