Von Shakespeare bis Hollywood
Gleich am ersten Abend dürfen die Zuschauer entscheiden, ob die schöne Julia ihrem Romeo in den Tod folgen soll, oder ob sie sich’s anders überlegt. Schließlich wirft der selbstbewusste Teenie von heute, den diese eigenwillige Inszenierung zeigt, nicht so einfach sein Leben weg. Der Chronist muss zugeben, vergessen zu haben, ob die Version von William Shakespeares meistgespieltem Stück, mit dem die Dramatische Bühne ihr »Freilichtfestival« am 30. Juni im Grüneburgpark eröffnet, nicht sogar für beide gut ausgehen kann.
Fest steht, dass abgestimmt über den Ausgang wird, und zwar erfahrungsgemäß mal so und mal anders. Gleich dreimal hat man nun die Chance dazu: am 30. Juni, am 22. und 23 Juli. Aber das sind nur drei von 52 Spieltagen in diesem Sommer mit 60 Aufführungen von 17 Stücken insgesamt, und »R. & J.« ist nur eine von sieben Shakespeare-Adaptionen. Zur letzteren gehört auch »Othello«, von Thorsten Morawietz, dem Regisseur, Texter, Schauspieler und auch Gründer (1988) der Dramatischen Bühne, in eine wahnwitzige Groteske über das Schauspielerleben und das Theatermachen verwandelt und erst kürzlich zur Premiere gebracht (Strandgut 5/2017).
Ein nicht abreißender, mal hintergründiger, mal brachialdoofer Wortwitz und rauschende Kostüme sind die Kennzeichen des lustvollen Spiels dieser Comoedia-Truppe, die auch Schiller (»Maria Stuart«, »Don Juan«), Goethe (»Faust«, »Werther«), Thomas Mann (»Felix Krull«), Hollywood (»Die Piraten in der Karibik«, »Der Hobbit«) und viele andere zu bedienen weiß. Erstmals gibt es an den Wochenenden ein Kinder- und Jugendprogramm, zu dessen Highlights fraglos das in den Park führende Laufspiel »Alice im Wunderland« (15./16.) zählt, das es aber auch (19.) für Erwachsene gibt.
Versagt bleibt den Theatermachern durch Umweltauflagen der Stadt weiterhin, das über den ökonomischen Erfolg entscheidende Wetterrisiko durch ein Zelt zu mildern. Dafür gibt es nach einem öffentlichen Brief des Ensembles wieder etwas mehr Unterstützung durch die Stadt und die wieder aufgenommene Kulturförderung von Eschborn. Ein Gartencafé mit Bänken im großartigen grünen Ambiente lädt Besucher an den Spieltagen ab 19 Uhr dazu ein, früher zu kommen und länger zu bleiben. Unterm hoffentlich sichtbaren Sternenzelt. Beginn ist mit einbrechender Dunkelheit um etwa Viertel vor neun.