»Dumbo« von Tim Burton

Ein Remake von einem der schönsten Disney-Animationsfilme aus dem Jahr 1941, als die Animationsfilme noch Zeichentrickfilme hießen, weil sie Bild für Bild mit dem Stift gezeichnet wurden. Muss das sein? Wenn man aber erfährt, dass »Dumbo« jetzt ein Realfilm ist, der von Tim Burton inszeniert wurde, darf man gespannt sein.

Burton, der Spezialist für Filmmärchen wie »Edward mit den Scherenhänden«, hat die Geschichte von dem kleinen Elefanten, der viel zu große Ohren hat, umgearbeitet und ausgeschmückt und so die einstündigen Vorlage zu einem zweistündigen Abenteuerfilm erweitert, der mit seinen dunkleren Momenten für Kinder ab etwa acht bis zehn Jahren zu empfehlen ist.
Die Handlung spielt vor vielen Jahrzehnten in den USA. Dem kleinen Medici Family Circus, der mit der Eisenbahn von Provinzkaff zu Provinzkaff tingelt, geht es schlecht. Denn die wirtschaftliche Depression hat das Land fest im Griff. Der Kunstreiter Holt Farrier (Colin Farrell) kommt als einarmiger Veteran aus dem Krieg. Seine zwei Kinder Molly (Nico Parker) und Joe (Finley Hobbins) sind nach dem Verlust der Mutter Halbwaisen geworden und froh, dass sie wenigstens ihren Vater zurückbekommen. Liebevoll schildert Burton das einfache Amerika der kleinen Leute, die das Herz auf dem rechten Fleck haben.
Zirkusdirektor Max Medici (Danny DeVito erneut in einer Glanzrolle) beispielsweise, der Farrier ermuntert, mit einer Armprothese wieder aufzutreten. Medici hat eine schwangere Elefantendame gekauft und erhofft sich von ihr und ihrem Nachwuchs eine Attraktion. Doch der kleine Elefant, den sie zur Welt bringt, wird ausgelacht und gilt als unbrauchbar für eine Zirkusnummer. Seine Ohren sind nämlich so groß, dass er bisweilen über sie stolpert. Nur das Herz der Kinder hat er erobert, die ihn liebevoll Dumbo nennen.
Wie in einem echten Märchen muss der possierliche kleine Vierbeiner leiden. Denn seine Mutter wird vom finanziell klammen Zirkusdirektor verkauft. Aber die Kinder entdecken, dass Dumbo etwas kann, das ihn buchstäblich weit über seine Artgenossen heraushebt. Sieht er vor seinem Rüssel eine Feder fliegen, wedelt er mit den Ohren und fliegt los. Dumbo könnte also eine richtige Attraktion in der Manege werden – und wird es, wenn auch nicht immer reibungslos. (»Ohne eine Feder fliegt er nicht.«) Aber das macht ihn nur umso sympathischer.
Der unsympathische Unternehmer V.A. Vandevere (Michael Keaton), den wir heutzutage einen Medienmogul nennen würden, erscheint mit weiblicher Begleitung (Eva Green) im Zirkus und will Dumbo als Attraktion für seinen Vergnügungspark »Dreamland« kaufen. (Ein Schelm, der hier an Disneyland denkt.) Kurzentschlossen übernimmt er gleich das gesamte Zirkuspersonal, Max Medici bekommt einen Direktorenposten mit resoluter Sekretärin (Sandy Martin), die ihm sagt, was er zu tun hat.
Vandevere erweist sich als brutaler Unhold, der auch über Leichen gehen würde. Dumbos Mutter, die er als Monster ausgestellt hat, wird verkauft, was allerdings ziemlich unlogisch ist, weil die Elefantendame durchaus hilfreich sein könnte. Aber auch dieses Problem wird gelöst, und mit einigen spektakulären Aktionen geht alles einem guten Ende entgegen.
Burtons »Dumbo« ist ein faszinierender Film, sentimental und ironisch, farbenfroh gefilmt, bis ins letzte Detail liebevoll ausgestattet und schwungvoll inszeniert. Wenn man so will, ist das Werk zudem eine Parodie auf die Übernahme der Twentieth Century Fox durch den Disney-Konzern, der es kurioserweise produziert hat. Und auch deshalb ist dieses Remake nicht überflüssig.

Claus Wecker
DUMBO
von Tim Burton, USA 2019, 112 Min.
mit Colin Farrell, Danny DeVito, Eva Green, Michael Keaton, Alan Arkin, Nico Parker, Finley Hobbins
nach dem Buch von Helen Aberson u. Harold Pearl
Familienfilm
Start: 28.03.2019

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