Bürgersinn, exemplarisch
Die neuen Aktivitäten und die großen Pläne des Senckenberg-Museums rufen ihn wieder in Erinnerung: Moritz Schmidt-Metzler. Mediziner, Netzwerker, Wegbereiter. »Bleiben Sie neugierig«, lautet das Motto dieses Museums, das zu den schönsten und nicht gerade kleinsten naturkundlichen Museen der Welt zählt. (Wissen das eigentlich alle Frankfurter?) Gerade ist eine große Spendenaktion angelaufen, denn die Erweiterungspläne sind spektakulär, so soll zum Beispiel dann ein begehbares Gehirn dazu gehören. »Die Welt baut ihr Museum«, nennt sich das große und anspruchsvolle Projekt. Die Spender von heute, egal ob groß oder klein, können sich gerne ein Beispiel nehmen an Moritz Schmidt-Metzler (1838–1907).
Es gibt, von Bismarck geprägt, das Verb »metzlern«, das man über Frankfurt hinaus wohl kaum kennen wird. Es ist mit einem kühnen Briefwechsel Emma Metzlers mit dem Reichskanzler und vor allem eng mit dem kulturellen Leben der Mainmetropole verbunden. Heute würde man zu dem seit Generationen von den Angehörigen der Bankiersfamilie von Metzler mit großer Verantwortung und viel Diskretion ausgeübten Tun zum Wohl der Stadt und der Universität und anderer Institutionen vermutlich »netzwerken« sagen. Wobei ein hohes Spendenaufkommen noch hinzukommt.
Wer an einer exemplarischen Kulturgeschichte der bürgerlichen Stadtgesellschaft vor dem Ersten Weltkrieg interessiert ist, findet in dem von der Historikerin Berenike Seib recherchierten und anschaulich geschriebenen Porträt des Frankfurter Bürgers Moritz Schmidt-Metzler (1838–1907) eine lohnende und spannende Lektüre. Aus der Kaufmannsfamilie Tee-Schmidt stammend, heiratete er 1863 Mathilde Metzler, deren Namen er fortan führte. Dem Vorbild seines Vaters folgend, studierte er Medizin, bildete sich quer durch Europa fort, befasste sich speziell mit dem Kehlkopf und der laryngoskopischen Diagnostik, der Krebserkennung durch den Kehlkopfspiegel. Er verfolgte einen ganzheitlichen Ansatz und war der Ansicht, dass sich jeder Spezialist auch mit der »hausärztlichen Praxis vertraut machen muss, wenn er nicht in Gefahr geraten soll, über dem kranken Organe den kranken Menschen zu vergessen«. Seine Hausarztpraxis führte er 26 Jahre, ehe seine Fachtätigkeit das nicht mehr zuließ. In Frankfurt hatte er den Beinamen »Hals-Schmidt«. 1887 wurde er zur Behandlung des deutschen Kronprinzen Friedrich, des späteren Kaisers Friedrich III., hinzugezogen, 1903 operierte er Kaiser Wilhelm II. Als mäzenatischer Bürger war er sehr aktiv, folgte dem Vorbild Emma Metzlers beim »Metzlern«.
Als Vorsitzender der Administration der Dr. Senckenbergischen Stiftung leistete er wesentliche Vorarbeit für die (dann 1914 erfolgte) Gründung der Frankfurter Universität und stellte gleichzeitig wichtige Weichen für die Zukunft der Senckenbergischen Einrichtungen, deren bekannteste das wunderbare naturkundliche Senckenberg-Museum ist. Auch der Bau des Bürgerhospitals an der Nibelungenallee ist eng mit ihm verbunden. Zudem engagierte er sich in zahlreichen Frankfurter Vereinen, Institutionen und Kirchengemeinden. Mit dem schön illustrieren Buch hat er nun – endlich – ein kleines Denkmal. Hoch verdient.